logo
logo
Die Information für medizinische Fachkreise
Neutral, unabhängig und anzeigenfrei
vorheriger Artikelblitz-a-t 18.07.2001nächster Artikel
blitz-a-t
auch phytopharmaka rechtzeitig vor operation absetzen
 
AUCH PHYTOPHARMAKA RECHTZEITIG VOR OPERATION ABSETZEN

Patienten berichten ihrem Arzt häufig nicht, dass sie Phytopharmaka einnehmen, beispielsweise weil die Einnahme nichts mit der ärztlich behandelten Krankheit zu tun hat, die Produkte keine Arzneimittel sind (z.B. per Internet bestellte oder in Drogerien u.a. gekaufte so genannte Nahrungsergänzungsmittel) oder weil der Arzt bei Erhebung der Anamnese nicht gezielt danach fragt.

Anästhesisten aus Chicago werteten die aktuelle Literatur zu den gebräuchlichsten Pflanzendrogen aus, um zu prüfen, ob Phytopharmaka eine Gefährdung bei Operationen bedeuten (1). Randomisierte kontrollierte Studien hierzu sind nicht auffindbar. Die nachfolgend genannten Bedenken gegen die perioperative Einnahme von Kräuterarzneimitteln werden aus anderen Studien, Fallberichten und Übersichtsarbeiten sowie aus den pharmakokinetischen Eigenschaften der Drogenbestandteile abgeleitet. Vor allem Phytopharmaka, die Stoffe mit langer Halbwertszeit wie Hypericin (in Johanniskraut) enthalten oder die Thrombozytenaggregation hemmen können (z.B. Ginseng, Knoblauch), sollten demnach mehrere Tage vor einer OP abgesetzt werden:

Phytopharmakum
 
Bedenken (z.B.)Absetzen vor OP
Baldrian
(BALDRIAN-DISPERT u.a.)    
 
verstärkter Effekt von Anästhetikabei Langzeitgebrauch vorsichtshalber ausschleichend absetzen (keine Daten)
Echinacea
(ECHINACIN u.a.)
 
allergische Reaktionen,
Wirkminderung von Immunsuppressiva
so früh wie möglich (keine Daten)
Ephedra
(EPHEDRA Kapseln u.a.)
 
 
Bluthochdruck, Tachykardie, Myokardischämie,
Schlaganfall, intraoperativ ventrikuläre Arrhythmie
in Verbindung mit Halothan
mindestens 24 Stunden (Halbwertszeit
des enthaltenen Ephedrins: 5 Stunden)
Ginkgo biloba
(TEBONIN u.a.)
 
erhöhtes Blutungsrisiko
(a-t 2000; 31: 87-8)
mindestens 36 Stunden
Ginseng
(GINSANA u.a.)
 
Hypoglykämie, erhöhtes Blutungsrisiko
(s. auch a-t 1999; Nr. 11: 119)
mindestens sieben Tage
Johanniskraut
(JARSIN u.a.)
 
 
 
zahlreiche bedrohliche Interaktionen (Induktion von CYP450-Enzymen), Wirkungsverminderung von
Ciclosporin, Digoxin, Proteasehemmern,
Warfarin u.a. (a-t 2000; 31: 31)
mindestens fünf Tage (Halbwertszeit
von Hypericin: 43 Stunden)
Kava-Kava
(LAITAN u.a.)
 
verstärkter Effekt von Anästhetikamindestens 24 Stunden
Knoblauch
(KWAI u.a.)
 
erhöhtes Blutungsrisikomindestens sieben Tage

Wegen der unzureichenden Dokumentation des Nutzens und der Vielzahl zu beachtender zum Teil bedrohlicher Interaktionen raten wir von der Verwendung von Johanniskrautpräparaten nicht nur präoperativ ab (a-t 2001; 32: 62). Die kanadische Gesundheitsbehörde warnt vor Produkten mit Ephedrakraut, allein oder in Kombination mit Koffein bzw. anderen Stimulanzien, beispielsweise zur Gewichtsabnahme oder zur "Energiesteigerung". In Kanada sind zwei Todesfälle (Suizide) in Verbindung mit solchen bisweilen als "natürliches Stimulans" bezeichneten Zubereitungen bekannt. Die US-amerikanische Gesundheitsbehörde FDA erfasste innerhalb von 21 Monaten 10 Todesfälle und 13 anhaltende Beeinträchtigungen, die mit Ephedra-haltigen Nahrungsergänzungsmitteln in Verbindung gebracht werden (2).

1

ANG-LEE, M.K. et al.: J. Am. Med. Ass. 2001; 286: 208-16

2

Health Canada: Advisory for Health Professionals, 14. Juni 2001
http://www.hc-sc.gc.ca/english/archives/warnings/2001/2001_67e.htm

Autor: Redaktion arznei-telegramm - Wer wir sind und wie wir arbeiten

Diese Publikation ist urheberrechtlich geschützt. Vervielfältigung sowie Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen ist nur mit Genehmigung des arznei-telegramm® gestattet.

vorheriger Artikelblitz-a-t 18.07.2001nächster Artikel

© Redaktion arznei-telegramm
blitz-a-t 18. Juli 2001