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Korrespondenz

ALLERGIEPRÄVENTION MIT LACTOBACILLUS GG (LGG)?

Was halten Sie von Allergieprävention bei Schwangeren und Stillenden mit Lactobacillus GG (LGG)?

Dr. med. R. PAMPEL (Frauenarzt)
D-79219 Staufen

Für Neugeborene mit familiärer Belastung für Atopie gilt Muttermilch als Ernährung der Wahl, als Alternative stark hydrolysierte Milch.1 Jetzt wird Lactobacillus GG (LGG Kapseln) angeboten. Die Milchsäurebakterien sollen den Darm besiedeln und so das Immunsystem günstig beeinflussen und die Entstehung atopischer Dermatitis verhindern. Die als Nahrungsergänzungsmittel, also ohne behördliche Prüfung auf Wirksamkeit verkauften "Probiotika"werden von gesetzlichen Krankenkassen nicht erstattet.

In eine randomisierte Doppelblindstudie werden 159 schwangere Frauen aufgenommen. Einschlusskriterium ist eine Atopie in der Familienanamnese ihres ungeborenen Kindes. Die Frauen beginnen zwei Wochen vor der Entbindung mit der Einnahme von täglich zwei Kapseln Lactobacillus GG oder Plazebo. Stillende Mütter können die Einnahme bis sechs Monate nach der Entbindung fortsetzen.2 Andernfalls erhalten die Kinder den aufgelösten Kapselinhalt. Bis zur letzten Untersuchung nach zwei Jahren brechen 27 (17%) der Mütter die Studie ab, 14 unter Plazebo und 13 unter Probiotikum. Von den verbleibenden 132 Kindern haben 31 (46%) der 68 Kinder nach Plazebo und 15 (23%) der 64 Kinder nach Lactobacillus GG eine atopische Dermatitis. Die Ergebnisse der Studie werden jedoch nicht auf die ursprüngliche Anzahl der Kinder (Intention-to-treat-Analyse) bezogen. Eine ungleiche Verteilung der nicht in die Auswertung eingegangenen Kinder kann theoretisch das Ergebnis beider Behandlungsarten angleichen ("worst case scenario").

In einer zweiten randomisierten Doppelblindstudie, in der 27 Säuglinge mit atopischer Dermatitis hydrolysierte Diätmilch erhalten, nehmen die Symptome unter verschiedenen Bakterienzusätzen innerhalb von zwei Monaten deutlich stärker ab als ohne Zusatz.3 Nach weiteren vier Monaten sollen jedoch in jeder Behandlungsgruppe ähnlich viele Kinder beschwerdefrei sein.

In Einzelfällen kann Lactobacillus bei Immungeschwächten mit Septikämie, Endokarditis und Leberabszessen einhergehen.4 Schädigung Neugeborener durch Lactobacillus GG ist nicht auszuschließen.5 Dies gilt vor allem für gefährdete Kinder, etwa mit Herzfehler oder Infektion.

Die vorliegenden Daten suggerieren einen Effekt von Lactobacillus GG (LGG Kapseln) bei atopischer Dermatitis. Wegen methodischer Mängel steht ein Nutzenbeleg jedoch aus. Insbesondere fehlen Langzeituntersuchungen mit ausreichender Probandenzahl.

© 2002 arznei-telegramm

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