In einem Übersichtsartikel im Deutschen Ärzteblatt1 wird über ein vermehrtes Auftreten von Lebererkrankungen nach
Gabe von AUGMENTAN berichtet. Bei den Betalaktamantibiotikum/Laktamasehemmer-Kombinationen TAZOBAC bzw. UNACID seien diese unerwünschten
Arzneimittelnebenwirkungen viel seltener bzw. gar nicht beschrieben, d.h. der Laktamasehemmer Clavulansäure in AUGMENTAN wird für die
unerwünschte Wirkung veranwortlich gemacht. Ist der Einsatz von AUGMENTAN vor diesem Hintergrund noch vertretbar, zumal therapeutische (angeblich
besser verträgliche) Alternativen existieren?
W. LANZNER
D-85669 Pastetten
Interessenkonflikt: keiner
Nach einer weiteren aktuellen Übersicht sind weltweit unter Amoxicillin/Clavulansäure (AUGMENTAN u.a.) mehr als 500 klinisch relevante
Leberschäden dokumentiert.1 Meist wurde die Kombination bei Infekten der oberen Atemwege verwendet. Überwiegend wird der
Zusammenhang als sicher, sonst zumindest als wahrscheinlich eingestuft. Die Inzidenz wird mit 1 : 5.000 Verschreibungen angegeben, soll aber bei
Zusammentreffen mehrerer Risikofaktoren wie Alter über 60, männliches Geschlecht, längerfristige oder wiederholte Verwendung bei 1 : 1.000 liegen.
Da relevante Leberschäden unter Amoxicillin (AMOXYPEN u.a.) allein nur vereinzelt berichtet sind, gilt Clavulansäure als Auslöser.
Meist handelt es sich um eine cholestatische Hepatitis, seltener um reine Leberzellschäden. Typischerweise bildet sich die Hepatitis verzögert wenige
Tage bis sechs Wochen (im Mittel 22 Tage) nach Therapieende aus. Sie ist in der Regel reversibel, verläuft jedoch protrahiert mit einer mittleren Dauer von 60
Tagen. Bisher werden sieben tödliche Hepatitiden mit Clavulansäure in Verbindung gebracht.
Unter den Betalaktamase-Inhibitoren Tazobactam (plus Piperacillin in TAZOBAC) und Sulbactam (COMBACTAM, plus Ampicillin in UNACID) sind klinisch relevante
Leberschäden dagegen nicht sicher dokumentiert. Wie bei Clavulansäure kommt es gelegentlich zu leichtem Anstieg der Transaminasen, der klinisch
jedoch ohne Bedeutung ist.
Mikrobiologisch besitzen die drei Betalaktamase-Hemmstoffe geringfügig unterschiedliche Aktivitäten. Mit Ausnahme der Wirksamkeit gegen einzelne
Klebsiella-Stämme gelten sie klinisch jedoch als gleichwertig.2 Klinische Studien, die z.B. eine eindeutige Überlegenheit von
Amoxicillin/Clavulansäure gegenüber Ampicillin/Sulbactam belegen, sind uns nicht bekannt. In der Initialtherapie bakterieller Infektionen der oberen
Atemwege kann Amoxicillin zudem ohne Betalaktamase-Inhibitor verwendet werden. Bei Keimresistenzen (z.B. Staphylokokken, Hämophilus) sind orale
Cephalosporine wie Cefaclor (PANORAL u.a.) oder Cefuroximaxetil (ZINNAT u.a.) bewährte Alternativen.
Vor diesem Hintergrund ist Amoxicillin/Clavulansäure unseres Erachtens nur noch bei den Indikationen gerechtfertigt, bei denen die Wirksamkeit von
Aminopenizillinen mit einem anderen Betalaktamase-Inhibitor nicht durch klinische Studien belegt ist. Uns ist als Beispiel nur das neutropenische Fieber nach
Chemotherapie wegen Krebserkrankung bekannt, das sich mit Amoxicillin/Clavulansäure plus Ciprofloxacin (CIPROBAY u.a.) per os (häuslich)
eingenommen ebenso effektiv behandeln lässt wie mit intravenösen Antibiotika-Regimen wie Ceftazidim (FORTUM) oder Ceftriaxon (ROCEPHIN) plus
Amikacin (BIKLIN u.a.).3,4 Belege für eine Alternative per os fehlen hier, - Red.
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