Seit Anfang Februar ist NUVARING auf dem Markt - die "erste ,Einmal-im-Monat'-Empfängnisverhütung mit einem
Vaginalring"1. Dieser soll sich - so Organon - als "kontrazeptive Methode der ersten Wahl für gebärfähige Frauen aller
Altersstufen" eignen.1 Er enthält Ethinylestradiol und Etonogestrel, den aktiven Metaboliten von Desogestrel (in LOVELLE, MARVELON u.a.),
einem Gestagen der so genannten dritten Generation, das für ein erhöhtes Thromboembolierisiko in kombinierten oralen Kontrazeptiva bekannt ist (a-t 2001; 32: 84 und 104).
EIGENSCHAFTEN: NUVARING besteht aus dem Kunststoff EVATANE und hat einen Durchmesser von 54 mm. In die Scheide
eingeführt, soll er dort für 21 Tage verbleiben und täglich 120 µg Etonogestrel und 15 µg Ethinylestradiol (EE) freisetzen. Nach einer
siebentägigen Pause wird ein neuer Ring eingesetzt. Sowohl beim Einlegen als auch beim Entfernen sind der Wochentag und in etwa die Uhrzeit einzuhalten.
Während der Anwendung sind maximal dreistündige Unterbrechungen erlaubt. Wie bei oralen Kontrazeptiva werden Schwangerschaften vor allem
über eine Hemmung des Eisprungs verhindert.2
Plasmaspiegel von EE erreichen nach zwei bis drei Tagen ihr Maximum und sinken dann kontinuierlich. Bei einer Bioverfügbarkeit von jeweils etwa 50%
betragen die mittleren Serumkonzentrationen zwischen 19 ng/l in der ersten Woche und 17,6 ng/l in der dritten Woche und sind im direkten Vergleich damit niedriger
als bei täglicher Einnahme von 30 µg EE (34,5 ng/l, z.B. in MARVELON),3 aber vergleichbar einem oralen Kontrazeptivum mit 20 µg EE (z.B. in
LOVELLE u.a.).4 Etonogestrelspiegel erreichen nach einer Woche ihr Maximum und fallen dann langsam ab. Die mittlere Serumkonzentration entspricht den
bei täglicher Einnahme von 150 µg Desogestrel (z.B. in LOVELLE, MARVELON u.a.) gemessenen Plasmaspiegeln.3 NUVARING ist kühl zu
lagern. Wird das Produkt bei Raumtemperatur aufbewahrt, muss es innerhalb von vier Monaten in die Vagina eingelegt werden.
WIRKSAMKEIT: In zwei unkontrollierten Studien5,6 wenden insgesamt 2.322 Frauen NUVARING maximal ein Jahr an. 21 Frauen werden
schwanger, das entspricht einem Pearl-Index* von 1,18. Werden die beiden etwa gleich großen Studien getrennt betrachtet, fallen trotz des identischen Designs
deutliche Unterschiede auf: Während in der europäischen Studie 6 Schwangerschaften auftreten (Pearl-Index 0,65), werden in der US-amerikanischen 15
Frauen schwanger (Pearl-Index 1,75).6** Die Ursache bleibt unklar.7
Frauen mit schwerer oder chronischer Verstopfung, Uterusprolaps, Zysto- oder Rektozele waren von den Studien ausgeschlossen.5,6 Sie können
NUVARING möglicherweise nicht richtig einlegen oder verlieren den Ring.2 Bei mindestens einer Schwangerschaft besteht der Verdacht, dass
der Vaginalring beim Tamponwechsel unbemerkt entfernt wurde.7
Offen bleibt, ob gleichzeitige Verwendung von Tampons die Hormonspiegel beeinflusst. Auch über Wechselwirkungen zwischen dem Vaginalring und
intravaginal anzuwendenden Antiinfektiva ist bislang wenig bekannt.7
STÖRWIRKUNGEN: In beiden Studien zusammen scheiden etwa 35% der Frauen vorzeitig aus, davon 15% wegen Störwirkungen, in erster Linie
produktspezifischen Problemen (z.B. Ausstoßung, Probleme beim Geschlechtsverkehr), vaginalen Missempfindungen, Vaginitis und Leukorrhö.6 Zu
den anderen Gründen (18,5%) zählt auch die Nichtakzeptanz des intravaginalen Rings.7 Eine Frau erleidet eine tiefe
Beinvenenthrombose.7
Neben typischen Störeffekten kombinierter hormonaler Kontrazeptiva wie Kopfschmerzen (bis 11%), Übelkeit (bis 5%), Depressionen (2%) oder Akne (2%)
ist mit Scheidenentzündungen (bis 19%), Leukorrhö (bis 6%) und produktspezifischen Problemen (bis 4%) zu rechnen.5-7 18% der Anwenderinnen
und 32% der Partner spüren den Ring zumindest gelegentlich beim Geschlechtsverkehr.6
Vergleichende Angaben zur Zyklusstabilität lassen sich nicht machen, da entsprechend angelegte Studien fehlen.7 Dies gilt auch für das
Thromboserisiko von NUVARING. Es besteht jedoch keine Veranlassung, von einer im Vergleich zu Desogestrel-haltigen oralen Kontrazeptiva geringeren
Gefährdung auszugehen.
Über die Langzeitsicherheit des Vaginalrings ist unseres Erachtens zu wenig bekannt. Dies gilt auch für die lokalen Effekte: In einer Untersuchung mit
einem "Prototyp"6 werden histopathologisch bei 8 von 11 Frauen chronische Entzündungen der Vaginalschleimhaut festgestellt, bei sechs
Frauen atypische Metaplasien.8 Bei der Entwicklung eines Levonorgestrel-haltigen Rings fielen örtliche symptomlose Veränderungen trotz vorangehender
weltweiter Studien erst zu einem relativ späten Zeitpunkt auf.9
KOSTEN: Für die dreimonatige Verhütung mit NUVARING sind in Deutschland 44 € aufzuwenden und damit 65% mehr als für eine
niedrig dosierte Levonorgestrel-haltige "Pille" (z.B. LEIOS: 27 €).
Das in dem Östrogen-Gestagen-haltigen Vaginalring NUVARING
enthaltene Gestagen Etonogestrel erscheint uns eine ungeeignete Wahl für das neue Kontrazeptivum. Es handelt sich um den aktiven Metaboliten von
Desogestrel, das in "Pillen" vom Typ MARVELON für ein erhöhtes Risiko thromboembolischer Komplikationen bekannt ist.
Mit NUVARING lassen sich Schwangerschaften vermutlich zuverlässig
verhüten. Das unterschiedliche Abschneiden in Studien mit Pearl-Index von 0,65 bis 1,86 irritiert jedoch. NUVARING kann beim Tamponwechsel oder
Stuhlgang unbemerkt entfernt bzw. ausgestoßen werden.10
Die mittleren Ethinylestradiol (EE)- und Etonogestrelspiegel sind vergleichbar einer
"Pille" mit 20 µg EE und 150 µg Desogestrel (z.B. LOVELLE). Direkte Vergleiche fehlen.
Über lokale Störwirkungen, Thromboembolie-Risiko und
Wechselwirkungen mit intravaginalen Antiinfektiva oder Tampons ist wenig bekannt. Scheidenentzündungen bei bis zu 19% der Anwenderinnen erscheinen zu
viel und nicht akzeptabel.
Ob die einmal monatliche Anwendung von NUVARING wirklich bequemer ist als eine
tägliche Einnahme der "Pille",
bleibt offen: Wochentag und in etwa auch die Uhrzeit müssen
beim Einlegen und Entfernen des Rings eingehalten werden.
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