Eine Pharmareferentin von Grünenthal bewarb ihr Buprenorphin-Pflaster TRANSTEC, das auch mit Opioiden kombinierbar sein soll.
Bis dato hatte ich die Information - was sich in meiner Schmerzpraxis auch zeigte - dass Agonisten mit partiellen Antagonisten nicht kombinierbar sind. Was ist von
dieser Information zu halten?
R. JAKI (Chefarzt d. Abt. f. Anästhesiologie und Intensivmedizin)
D-70839 Gerlingen/Stuttgart
Interessenkonflikt: keiner
Opioide wirken über eine Bindung an Opioidrezeptoren analgetisch. Im Gegensatz zu reinen Rezeptoragonisten wie Morphin (MST u.a.) oder Fentanyl
(FENTANYL-JANSSEN u.a.) ist Buprenorphin (TEMGESIC u.a.) ein Partialagonist, d.h., es wirkt in niedrigen Dosierungen agonistisch, also analgetisch, mit
steigender Dosis jedoch zunehmend antagonistisch. Daher lässt sich die schmerzlindernde Wirkung nur begrenzt steigern (Ceiling-Effekt, a-t 2002; 33: 4,13).
Seit September 2001 ist Buprenorphin auch als Pflaster (TRANSTEC) erhältlich. Fast eineinhalb Jahre später liegt die erste klinische Studie
vollständig veröffentlicht vor. Demnach lindert transdermales Buprenorphin nur in den beiden schwächeren Dosierungen chronische Schmerzen
signifikant besser als Scheinmedikament, nicht jedoch als stärkstes, 70 µg pro Stunde freisetzendes Pflaster.1 Einen solchen Plazebovergleich halten
wir trotz Bereitstellung von sublingualem Buprenorphin gegen Schmerzspitzen ethisch für nicht vertretbar.
Patienten mit Schmerzen aufgrund einer Krebserkrankung benötigen häufig zusätzlich rasch wirksame Opioide gegen den so genannten
Durchbruchschmerz, üblicherweise Morphin. Die TRANSTEC-Fachinformation sieht für diesen Fall Buprenorphin sublingual vor.2 Studien, in
denen Buprenorphin-Pflaster mit oralem Morphin kombiniert werden, erhalten wir weder vom Hersteller auf Anfrage noch finden wir solche per Datenbankrecherche
(PubMed). Im Tierversuch schwächt systemisch verabreichtes Buprenorphin unter anderem aufgrund seiner höheren Rezeptoraffinität die
schmerzlindernde Wirkung von Morphin ab.3 In einer kleinen randomisierten Studie mit 30 Patienten, die während einer Bandscheibenoperation
Fentanyl, Buprenorphin oder beide Opioide erhalten, deuten die unter der Kombination häufigeren postoperativen Schmerzäußerungen sowie
Zunahme einiger so genannter Stress-Parameter (z.B. Glukosespiegel) ebenfalls darauf hin, dass Buprenorphin die durch den Vollagonisten Fentanyl hervorgerufene
Analgesie antagonisiert. Die postoperative Atemdepression ist dagegen bei gleichzeitiger Verabreichung beider Opioide verstärkt.4 Allerdings lässt
sich eine durch Buprenorphin hervorgerufene Atemdepression wegen dessen hoher Rezeptoraffinität durch Naloxon (NARCANTI u.a.) nur bedingt und nur in
hoher Dosierung aufheben.2
Eine angemessene und flexible Schmerztherapie erscheint uns mit Buprenorphin-Pflastern nicht möglich. Wir ziehen retardiertes Morphin (MST CONTINUS u.a.)
oder, beispielsweise bei Schluckstörungen, transdermales Fentanyl (DUROGESIC) vor, -Red.
|