Sind Medikamente nach dem Verfallsdatum unwirksam oder gar bedenklich? Das Arzneimittelgesetz (AMG) schreibt vor, dass auf
Behältnissen und äußerer Umhüllung von Fertigarzneimitteln ein Verfallsdatum angegeben wird. In der Packungsbeilage muss darauf
hingewiesen werden, dass ein abgelaufenes Arzneimittel nicht mehr verwendet werden darf (§§ 10 und 11 AMG). Die Haltbarkeit ist für die Zeitspanne bis zum
genannten Datum vom Hersteller durch geeignete Prüfungen belegt. Das Medikament ist danach jedoch nicht automatisch wegen Substanzveränderung
unbrauchbar. Nach US-amerikanischen Untersuchungen zur Lagerfähigkeit behalten 84% von über 1.000 nicht angebrochenen Packungseinheiten etwa
100 unterschiedlicher Arzneimittel aus Militärbeständen unter den üblichen trockenen Lagerungsbedingungen durchschnittlich 57 Monate nach
Ablauf des Verfallsdatums mindestens 90% ihrer Wirkstärke (TAYLOR, J.S. et al.: http://www.cfsan.fda.gov/cgi-bin/abs02.cgi? taylor [Abstract]). Das
Virustatikum Amantadin erweist sich noch nach 25-jähriger Lagerung als stabil (angegebene Haltbarkeitsdauer: vier Jahre), der Bronchodilatator Theophyllin
sogar noch nach 30 Jahren (deklariert: fünf Jahre). Lösungen und Suspensionen sind weniger stabil als feste Zubereitungen. Auch sind sie besonders
frostempfindlich. Flüssige Arzneimittel sollen bei Trübung oder Verfärbung nicht mehr verwendet werden. Bei Augentropfen ist oft nicht die
Stabilität des Wirkstoffs haltbarkeitsbegrenzend, sondern die nachlassende antimikrobielle Funktion der Konservierungsstoffe. Bei Verwendung jenseits des
Verfallsdatums bestehen bei heutigen Fertigarzneimitteln in der Regel keine toxikologischen Bedenken. Auch das früher in alten Tetracyclin-Produkten
nachgewiesene Epitetracyclin scheint bei heutiger Galenik nicht mehr vorzukommen. Toxische Effekte sind nach Ablauf des angegebenen Verfallsdatums also nicht
zu befürchten. Wie lange Medikamente über das Verfallsdatum hinaus verwendet werden können, hängt von den Wirkstoffen, der
Zubereitungsform und den Lagerbedingungen ab. Die meisten festen Arzneimittel behalten fünf Jahre nach Ablauf mehr als 90% ihrer Wirkstärke, zum Teil
sogar beträchtlich länger (Medical Letter 2002; 44: 93-4). Zu bedenken ist dabei allerdings ein rechtliches Problem: Die Herstellerhaftung endet mit Ablauf
des Verfallsdatums, -Red.
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