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Im Blickpunkt

ACE-HEMMER PERINDOPRIL (COVERSUM) BEI KORONARER HERZKRANKHEIT?

Nach der Anfang 2000 veröffentlichten HOPE*-Studie soll der ACE-Hemmer Ramipril (DELIX u.a.) über die Wirksamkeit bei Bluthochdruck und Herzinsuffizienz hinaus für ein breites Spektrum von Patienten mit hohem kardiovaskulären Risiko nützlich sein.1 Trotz des plazebokontrollierten Designs wurden Patienten mit Hypertonie und linksventrikulärer Dysfunktion nicht zuverlässig ausgeschlossen. Daher lässt sich - neben dem ethischen Problem der Unterbehandlung in der Plazebogruppe - ein Nutzen außerhalb dieser beiden Indikationen, bei denen ACE-Hemmer nachweislich wirksam sind, aus der HOPE-Studie nicht ableiten (a-t 1999; Nr. 12: 127 und 2000; 31: 21-2). Das Konzept der Marketingstudie war jedoch erfolgreich. Ramipril ist inzwischen auf der Basis der HOPE-Studie in den USA und auch hierzulande für ein erweitertes Indikationsspektrum zugelassen worden.2,3

*

HOPE = Heart Outcomes Prevention Evaluation

Ein ähnliches Konzept liegt der jetzt publizierten EUROPA**-Studie4 zugrunde. Diese soll den Nutzen von Perindopril (COVERSUM) als Zusatz zur Standardtherapie bei stabiler koronarer Herzkrankheit prüfen. Nach einer vierwöchigen Verum-Run-in-Phase werden 12.218 durchschnittlich 60 Jahre alte Patienten randomisiert einer Behandlung mit täglich (4 mg bis) 8 mg Perindopril oder Plazebo zugeteilt. 65% haben einen Herzinfarkt in der Vorgeschichte. Patienten mit asymptomatischer Herzinsuffizienz werden nicht gezielt ausgeschlossen, obgleich sie nachweislich von einem ACE-Hemmer profitieren würden.

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EUROPA = European trial On reduction of cardiac events with Perindopril in stable coronary Artery disease

Gleiches trifft für Patienten mit Bluthochdruck zu, die bis zu Werten von 180/100 mmHg teilnehmen können und deren Behandlung unklar bleibt. Aufgrund der Studiendefinition einer Hypertonie ab einem Blutdruck über 160/95 mmHg, die der seit Anfang der 90er Jahre gültigen WHO-Definition (Werte von 140/90 mmHg oder darüber) widerspricht, werden zudem gar nicht alle Hochdruckpatienten als solche erfasst. 27% der Teilnehmer haben jedoch Blutdruck- Werte über 160/95 mmHg oder nehmen Hochdruckmittel ein und gelten daher als hypertensiv. Die antihypertensive Therapie im Plazeboarm ist schlechter als unter Verum: Der durchschnittliche Blutdruck liegt hier 5/2 mmHg höher. Die absolute Blutdruckhöhe bleibt unklar.

Der primäre Endpunkt, eine Kombination aus Gesamtsterblichkeit, Herzinfarkt, instabiler Angina pectoris und Herzstillstand, wird kurz vor Ende der ursprünglich geplanten Nachbeobachtung geändert. Gesamtsterblichkeit wird gegen den Bias-anfälligen Endpunkt kardiovaskuläre Sterblichkeit ausgetauscht, instabile Angina pectoris entfällt. Gleichzeitig wird die Studie um mehr als ein Jahr verlängert. Der nachträglich eingeführte Kombinationsendpunkt betrifft nach durchschnittlich 4,2 Jahren 8% (488 von 6.110 Patienten) der Verumgruppe im Vergleich zu 9,9% (603 von 6.108) im Plazeboarm (Number Needed to Treat [NNT] = 53). Der Nutzen beruht überwiegend auf der Prävention nicht tödlicher Herzinfarkte (4,8% versus 6,2%; NNT = 72). Kardiovaskuläre Sterblichkeit (3,5% vs. 4,1%) und Häufigkeit eines Herzstillstandes (0,1% vs. 0,2%) unterscheiden sich nicht signifikant, ebenso wenig die Gesamtsterblichkeit (6,1% vs. 6,9%).

 Die EUROPA-Studie belegt angeblich einen Nutzen des ACE-Hemmers Perindopril (COVERSUM) bei allen Patienten mit stabiler koronarer Herzkrankheit.

 Patienten mit asymptomatischer Herzinsuffizienz oder mit Hypertonie, also mit zwingender Indikation für einen ACE-Hemmer bzw. eine antihypertensive Therapie, wurden nicht ausgeschlossen und bei Zuteilung zu Plazebo unterbehandelt. Aufgrund dieses ethisch nicht vertretbaren Designs lässt sich aber die Frage, ob Perindopril auch außerhalb zugelassener Indikationen wirksam ist, mit der Studie nicht beantworten.

 Die Änderung des primären Endpunkts kurz vor Studienschluss mit Verlängerung der Nachbeobachtung legt den Verdacht nahe, dass ein sich möglicherweise abzeichnender negativer Ausgang abgewendet werden sollte.

 Wir erachten die EUROPA-Studie als eine ethisch und methodisch zweifelhafte, nicht aussagefähige Marketingstudie zur Ausweitung des Indikationsspektrums von Perindopril.

© 2003 arznei-telegramm

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