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alzheimer-mittel donepezil (aricept): kein einfluss auf fortschreiten der behinderung und auf heimunterbringung
 
ALZHEIMER-MITTEL DONEPEZIL (ARICEPT): KEIN EINFLUSS AUF FORTSCHREITEN DER BEHINDERUNG UND AUF HEIMUNTERBRINGUNG

Nutzenbelege für Cholinesterasehemmer wie Donepezil (ARICEPT) aus kontrollierten Studien beschränken sich meist auf geringfügige Verbesserungen der Ergebnisse in Tests z.B. zu kognitiven Leistungen, deren klinische Relevanz unklar ist. Dennoch wirbt der ARICEPT-Hersteller unter Berufung auf fragwürdige Berechnungen damit, dass das Mittel die Heimeinweisung verzögern könne: "ARICEPT kann fast zwei Jahre mehr gemeinsame Zeit schenken (1)." Dem widersprechen die Daten einer soeben publizierten, mit öffentlichen Geldern finanzierten plazebokontrollierten Langzeitstudie (AD2000) zu Donepezil an 565 ambulant betreuten ALZHEIMER-Patienten. Täglich 5 mg oder 10 mg Donepezil haben danach keinen Einfluss auf den Zeitpunkt der Heimunterbringung (relatives Risiko (RR) 0,97; 95% Konfidenzintervall (CI) 0,72-1,30) oder auf das Fortschreiten der Behinderung gemessen am Verlust von Aktivitäten des täglichen Lebens wie Essen und Trinken oder sich Ankleiden (RR 1,02; 95% CI 0,72-1,45). Nach drei Jahren sind unter Donepezil 42%, unter Plazebo 44% im Heim untergebracht.

Wie in den Hersteller-finanzierten Studien findet sich auch in der AD2000-Studie ein geringfügiger, aber statistisch signifikanter Vorteil für Donepezil im Hinblick auf den durchschnittlichen Punktwert in Tests auf kognitive Leistungen (Mini-Mental State Examination: Differenz im Verlauf von zwei Jahren 0,8 Punkte (bei insgesamt 30 Punkten); 95% CI 0,5-1,2) sowie auf Aktivitäten des täglichen Lebens (Bristol Activities of Daily Living Scale: Differenz im Verlauf von zwei Jahren 1 Punkt (bei insgesamt 60 Punkten); 95% CI 0,5-1,6). Die Unterschiede liegen aber weit unterhalb dessen, was als klinisch relevant gewertet wird. Patienten, die in einer initialen Run-in-Phase scheinbar gut oder moderat auf Donepezil ansprechen, erleiden im weiteren Verlauf die deutlichsten Verschlechterungen. Der Befund spricht dafür, dass initiale Verbesserungen durch die starke Fluktuation der Erkrankung vorgetäuscht werden.

Anders als nach früheren ökonomischen Analysen zu erwarten wäre, zeigt sich in der AD2000 ein Trend zu höheren Kosten unter Donepezil, wobei hier Kosten für das Arzneimittel selbst und für die Heimunterbringung nicht eingerechnet sind. Die Mehrkosten beruhen hauptsächlich auf häufigeren Krankenhausaufenthalten der Donepezil-Anwender. Schwerwiegende unerwünschte Ereignisse (29 vs. 23) und Todesfälle (63 vs. 50) nehmen unter Donepezil gegenüber Plazebo numerisch zu (2).

Der therapeutische Stellenwert von Cholinesterasehemmern wird durch diese Studie, die nicht nur Industrie-unabhängig, sondern offenbar auch gegen den Widerstand der betroffenen Hersteller durchgeführt wurde, generell in Frage gestellt.

ARICEPT wurde im Jahr 2002 für 45,8 Mio. Euro verordnet (+28,4%). Insgesamt sind 2002 für Antidementiva 250 Mio. Euro aufgewendet worden (3). Dieser Betrag erscheint nach den vorliegenden Daten nicht sinnvoll eingesetzt zu sein.



1

Eisei, Pfizer Neuroscience: Werbebroschüre zu ARICEPT, Druckzeichen A/60245 56165

2

AD2000 Collaborative Group: The Lancet 2004; 363: 2105-15

3

SCHWABE, U., PAFFRATH, D. (Hrsg.): "Arzneiverordnungs-Report 2003", Springer-Verlag Berlin, Heidelberg 2004, Seite 197



© Redaktion arznei-telegramm
blitz-a-t 25. Juni 2004

Autor: Redaktion arznei-telegramm - Wer wir sind und wie wir arbeiten

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