Homozystein - Vitaminkombination schadet bei koronarem Stent: Nach Beobachtungsstudien sollen erhöhte Homozysteinspiegel einen
unabhängigen kardiovaskulären Risikofaktor darstellen. Der Einfluss der Aminosäure auf Restenosierungen nach koronarer Angioplastie bleibt in
epidemiologischen Untersuchungen jedoch widersprüchlich. Vor einigen Jahren veröffentlichte eine Schweizer Arbeitsgruppe eine randomisierte
plazebokontrollierte Studie, nach der eine Senkung des Homozysteinspiegels durch Einnahme der Vitamine B6, B12 und Folsäure die Rate angiographisch
dokumentierter Restenosierungen nach Angioplastie verringert. Ein Nutzen ließ sich allerdings nur für die Untergruppe ausschließlich mit
Ballondilatation behandelter Läsionen belegen, nicht aber für die 50% bis 60% der Stenosen, in die ein Stent eingelegt wurde. In einer zweiten
größeren Studie derselben Arbeitsgruppe, in die die Daten der ersten Untersuchung einfließen, unterbleibt eine getrennte Auswertung. Weil Stents
für die Mehrzahl der Patienten die Therapie der Wahl darstellen, prüfen niederländische und deutsche Kardiologen jetzt gezielt den Nutzen der
Vitaminkombination nach koronarer Stenteinlage. 636 Patienten erhalten nach erfolgreichem Eingriff zusätzlich zur Standardtherapie mit Clopidogrel (ISCOVER,
PLAVIX) und Azetylsalizylsäure (ASS; ASPIRIN u.a.) einmalig 1 mg Folsäure, 5 mg Vitamin B6 sowie 1 mg Vitamin B12 oder Plazebo intravenös und
nehmen anschließend täglich 1,2 mg Folsäure, 48 mg Vitamin B6 plus 60 µg Vitamin B12 oder Scheinmedikament ein. Bei klinischem Verdacht
oder spätestens nach sechs Monaten erfolgt eine Kontroll-Angiographie. Sowohl nach angiographischen Kriterien als auch klinisch wirkt sich die
Vitaminkombination nachteilig aus: Der minimale Lumendurchmesser ist unter Verum signifikant kleiner, die Rate mehr als 50%iger Restenosierungen höher
(34,5% versus 26,5% unter Plazebo, p = 0,05). Erneute Revaskularisationen werden unter der Vitaminkombination innerhalb von 250 Tagen bei 15,8% (50 von 316
Patienten) erforderlich gegenüber 10,6% (34 von 320, p = 0,05) unter Scheinmedikament. Sterblichkeit und Infarktrate unterscheiden sich nicht. In beiden
Gruppen beenden etwa 14% die Einnahme vorzeitig, weitere 10% lehnen eine erneute Angiographie ab. In die angiographische Auswertung gehen daher nur 76%
der Teilnehmer ein. Die Analyse der klinischen Endpunkte beruht dagegen auf allen Patienten. Die Autoren vermuten, dass sich die bei einer Restenosierung nach
Ballondilatation vorherrschende Thrombusbildung durch Senkung des Homozysteinspiegels beeinflussen lässt. Eine Stenose innerhalb eines Stents entsteht
jedoch infolge Proliferation von Neointima und glatten Gefäßmuskelzellen. In höheren Dosierungen soll Folsäure das Wachstum neointimaler
Zellen fördern (LANGE, H. et al.: N. Engl. J. Med. 2004; 350: 2673-81; SCHNYDER, G. et al.: JAMA 2002; 288: 973-9 und N. Engl. J. Med. 2001; 345: 1593-
600; a-t 2002; 33: 95; ati/d). Auch nach ischämischem Schlaganfall sowie bei stabiler koronarer Herzkrankheit
bleibt Folsäure allein bzw. in Kombination mit Vitamin B6 und B12 ohne Nutzen (a-t 2004; 35: 27-8). Von einer
Sekundärprophylaxe atherosklerotischer Erkrankungen mit der Vitaminkombination ist daher abzuraten, -Red.
© 2004 arznei-telegramm |
Diese Publikation ist urheberrechtlich geschützt. Vervielfältigung sowie Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen ist nur mit Genehmigung des arznei-telegramm® gestattet.