Experimentelle und epidemiologische Daten legen einen vorbeugenden Effekt von Vitamin E bei kardiovaskulären Erkrankungen und Krebs nahe.
In mehreren randomisierten Studien und aktuellen Metaanalysen ließ sich jedoch weder ein Nutzen noch ein Schaden sichern. Einige Untersuchungen
dokumentieren sogar eine zumindest numerisch höhere Gesamtsterblichkeit (a-t 2003; 34: 100-2).1,2
US-amerikanische und europäische Epidemiologen errechnen jetzt in einer erneuten gepoolten Auswertung3 eine dosisabhängige
Gefährdung durch das Antioxidans:
In die Metaanalyse gehen 19 randomisierte kontrollierte Studien von mindestens einjähriger Dauer mit insgesamt knapp 136.000 Teilnehmern ein. Sie haben
Vitamin E in unterschiedlicher Dosis und zum Teil in Kombination mit anderen Antioxidanzien eingenommen, um beispielsweise kardiovaskulären Erkrankungen
oder einer Linsentrübung (Katarakt) vorzubeugen. Viele leiden an einer chronischen Erkrankung wie koronarer Herzkrankheit oder Morbus PARKINSON. Bei
gemeinsamer Auswertung aller Studien steigt die Sterblichkeit von 1.022/10.000 Personen in den Kontrollgruppen unter Vitamin E nicht signifikant um 10/10.000
Personen (Risk Ratio 1,01; 95% Vertrauensbereich [CI] 0,98 bis 1,04). Werden jedoch Untersuchungen mit einer täglichen Vitamin-E-Dosis von mindestens 400
Einheiten separat analysiert, ergibt sich eine signifikant erhöhte Mortalität unter dem Antioxidans (Risikodifferenz 39/10.000 Personen; 95% CI 3 bis
74/10.000; Risk Ratio 1,04; 95% CI 1,01 bis 1,07). Für niedrigere Dosierungen lässt sich dagegen keine Risikosteigerung nachweisen. Wird die
gleichzeitige Einnahme weiterer Antioxidanzien, zum Beispiel Vitamin C, in der Auswertung berücksichtigt, steigt die Sterblichkeit unter hoch dosiertem Vitamin E
weiter an (Risikodifferenz 63/10.000 Personen; 95% CI 6 bis 119/10.000 Personen).3
Als mögliche Gründe für die erhöhte Mortalität kommen unter anderem prooxidative Effekte von hoch dosiertem Vitamin E sowie ein
gestörtes Gleichgewicht körpereigener antioxidativer Systeme in Betracht. Diese Ursachen werden auch von den Autoren einer soeben publizierten
prospektiven Kohortenstudie erwogen, nach der die Einnahme von Vitamin C bei Frauen nach den Wechseljahren mit Diabetes das Sterblichkeitsrisiko an
kardiovaskulären Erkrankungen insgesamt (relatives Risiko [RR] 1,69; 95% CI 1,09 bis 2,44), koronarer Herzkrankheit (RR 2,07; 95% CI 1,27 bis 3,38) und
Schlaganfall (RR 2,37; 95% CI 1,01 bis 5,57) - wiederum dosisabhängig - erhöhen könnte (relative Risiken für Dosierungen ab 300 mg
angegeben).4 Ein Nutzen beider Vitamine hinsichtlich der Behandlung oder Vorbeugung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs, Katarakt, altersbedingter
Makuladegeneration oder Erkältungskrankheiten ist nicht hinreichend belegt. Die jetzt in einem randomisierten Plazebovergleich beschriebene
Senkung der Krebshäufigkeit und der Gesamtsterblichkeit bei Männern, nicht aber bei Frauen, unter einer Kombination aus niedrig dosiertem Vitamin C
und E, Betakarotin, Selen und Zink5 steht im Widerspruch zu bisherigen Ergebnissen, beruht zudem auf einer Subgruppenanalyse und bedarf daher der
Bestätigung. Unabhängig von der Dosierung raten wir bis auf wenige Ausnahmen (vgl. a-t 2004; 35: 51)
von der Einnahme von Vitaminen ab, -Red.
|