BIOLOGIKA BEI PSORIASIS: | ||
Etwa 2% der Bevölkerung erkranken im Laufe ihres Lebens an Schuppenflechte (Psoriasis), einer chronischen, in Schüben verlaufenden
Dermatose. Häufigstes Erscheinungsbild ist der Psoriasis-Plaque, ein scharf begrenztes, gerötetes, mit silbrig glänzenden Schuppen bedecktes
Infiltrat, dem feingeweblich eine massiv gesteigerte Proliferation und Differenzierung epidermaler Keratinozyten, verstärkte Ausbildung dermaler
Gefäße sowie ein von CD4- und CD8-T-Lymphozyten dominiertes entzündliches Infiltrat in Dermis und Epidermis entspricht. Psoriasis gilt als T-Zell-
vermittelte Erkrankung und ist wahrscheinlich autoimmun bedingt.1 HERKÖMMLICHE BEHANDLUNGSOPTIONEN
Schuppenflechte ist nicht heilbar. Alle derzeit verfügbaren Therapien wirken lediglich symptomatisch. Die Behandlung soll Ausmaß und Schwere der Erkrankung soweit reduzieren, dass Beruf, soziale Kontakte und psychisches Wohlbefinden möglichst nicht beeinträchtigt werden.1,8 Dazu reicht bei der Mehrzahl der Patienten eine Lokaltherapie aus.
EIGENSCHAFTEN: Der monoklonale Maus-Mensch-Antikörper blockiert ein Oberflächenantigen auf aktivierten T-Lymphozyten
und hemmt dadurch unter anderem deren Bindung an Endothelzellen, ihre Auswanderung aus dem Gefäßsystem in die Haut sowie die Ausschüttung
inflammatorischer Zytokine. Dies soll die übermäßige Proliferation der Keratinozyten bei Psoriasis unterdrücken.5 WIRKSAMKEIT: Von fünf zulassungsrelevanten plazebokontrollierten Studien mit rund 3.100 Teilnehmern liegen zwei6,7 vollständig
veröffentlicht vor. Eingeschlossen sind 18- bis 75-jährige Patienten mit mäßiger bis schwerer, seit mindestens drei Monaten stabiler Psoriasis vom
Plaque-Typ auf wenigstens 10% der Körperoberfläche (im Mittel ca. 30%) und einem PASI* von mindestens 12 (im Mittel 19). Zwei Drittel bis drei Viertel
haben früher andere systemische Antipsoriatika angewendet. Auf die dreimonatige Therapie mit initial 0,7 mg/kg KG, dann einmal wöchentlich 1 mg/kg
KG Efalizumab subkutan sprechen 22% bis 27% an, definiert alsmindestens 75%iger Rückgang des PASI-Scores (PASI 75, so genannte
"Responder"), auf Scheinmedikament 4% bis 5%.6,7 Bis zum Ansprechen vergehen im Median zwei Monate.8 Erythem, Induration und
Schuppung nehmen gleichmäßig ab. Patienten mit und ohne vorherige systemische Therapie profitieren gleichermaßen. Verdoppelung der
wöchentlichen Dosis auf 2 mg lässt in zwei Studien keinen Vorteil erkennen.6,8 Nach sechsmonatiger Anwendung von 1 mg/kg KG Efalizumab
(die ersten drei Monate verblindet7 und anschließend offen) erzielen in einer Studie 44% (161 von 368 Personen) einen PASI 75.9
Nach Absetzen soll jeder Zweite innerhalb von etwa zwei Monaten ein Rezidiv erleiden, definiert als mindestens 50%iger Rückgang des zuvor erzielten Behandlungseffektes. Wird die Therapie in dieser Situation wieder aufgenommen, wirkt Efalizumab schlechter: Von den Patienten, die auf das Mittel zunächst ansprechen und nach Absetzen einen Rückfall erleiden, erreicht nach unveröffentlichten Daten bei erneuter Anwendung nur noch etwa ein Drittel einen mindestens 75%igen Rückgang des PASI-Scores. Das schlechte Ansprechen könnte darauf zurückzuführen sein, dass die Anwendung dann im akuten Schub erfolgt ist.8 STÖRWIRKUNGEN: Wie andere Biologika erhöht Efalizumab das Risiko von Infektionen und kann latente chronische Infektionen reaktivieren. In den ersten drei Monaten klinischer Studien kommen schwerwiegende Infektionen einschließlich Sepsis, Pneumonie und vertebrale Osteomyelitis unter dem Immunsuppressivum viermal so häufig vor wie unter Plazebo (0,4% versus 0,1%).10 Auch insgesamt ist die Infektionsrate höher (27,3% versus 24,0%).2 Atypische Verläufe sind beschrieben.8 Ob Efalizumab das Risiko von Malignomen und lymphoproliferativen Erkrankungen erhöht, ist bislang unklar, unseres Erachtens aber plausibel. Krebskranke dürfen das Mittel nicht anwenden. In dreimonatigen klinischen Studien kommt es bei 3,2% der Patienten unter Efalizumab (Plazebo 1,4%) zu einer Verschlechterung der Psoriasis.2 Bedrohliche Verlaufsformen wie pustulöse oder erythrodermische Psoriasis sind bei 1,2% der Anwender beschrieben und treten sowohl nach Absetzen von Efalizumab auf als auch während der Anwendung, dann häufiger bei Nichtansprechen.2 Patienten, die Efalizumab absetzen, sind engmaschig zu überwachen.2 41% der Anwender (Plazebo 24%) klagen ein bis zwei Tage nach der Injektion über grippeähnliche Beschwerden mit Kopfschmerzen, Fieber, Übelkeit und Muskelschmerz. Die Häufigkeit der Symptome soll im Laufe der Behandlung abnehmen.2 Überempfindlichkeitsreaktionen sind unter Efalizumab numerisch häufiger als unter Plazebo.2 In klinischen Studien entwickeln 0,3% eine Thrombozytopenie (< 52.000/µl), die sich bei vier von neun Betroffenen mit klinischen Beschwerden wie mukokutanen Blutungen äußert.2 Häufig kommt es zu Lymphozytose (bis 50%) und Leukozytose (26%), Erhöhung der alkalischen Phosphatase (4,5%) und Transaminasenanstieg (5,7%).2,10 6% bilden Antikörper gegen Efalizumab, deren Bedeutung unklar ist. ![]() Möglicherweise autoimmun bedingte Erkrankungen wie Pneumonitis, Arthritis und Demyelinisierung sind in Verbindung mit Efalizumab beschrieben,
außerdem aseptische Meningitis.8 Tierexperimentell beeinträchtigt Efalizumab die Immunfunktion der Nachkommen. Schwangere
dürfen das Immunsuppressivum daher nicht erhalten. Frauen im gebärfähigen Alter müssen zuverlässig verhüten.2 EIGENSCHAFTEN: Etanercept ist ein löslicher Rezeptor des Tumornekrosefaktors (TNF), der zirkulierenden TNF bindet. Personen
mit Schuppenflechte weisen höhere Serumkonzentrationen dieses Zytokins auf als Gesunde. In psoriatischen Läsionen sind die TNF-Spiegel zudem
höher als in nicht befallener Haut. Bei erfolgreicher Behandlung der Psoriasis sinkt die TNF-Konzentration entsprechend der klinischen Besserung des
Hautzustandes. Es wird vermutet, dass die Hemmung des pro-inflammatorischen Zytokins die Entzündung in der psoriatischen Haut
verringert.11 WIRKSAMKEIT: Drei plazebokontrollierte Studien mit insgesamt 1.347 Teilnehmern, von denen eine Phase-II-12 und eine Phase-III-
Studie13 vollständig veröffentlicht sind, sollen den Nutzen von Etanercept bei Erwachsenen mit mäßiger bis schwerer Psoriasis
belegen. Einschlusskriterien und Schweregrad der Erkrankung, gemessen am mittleren PASI-Score und dem Anteil der Patienten, die vorher systemische
Antipsoriatika verwendet haben, entsprechen in etwa den Efalizumab-Studien. Unter der hierzulande primär empfohlenen Dosis von zweimal 25 mg
Etanercept/Woche erreichen 30% bis 34% nach zwölf Wochen einen mindestens 75%igen Rückgang des PASI-Scores (PASI 75, primärer
Endpunkt) im Vergleich zu 2% bis 4% unter Scheinmedikament.12,13 Auf die maximal zugelassene Dosis von zweimal wöchentlich 50 mg sprechen in
diesem Sinne 49% an.13 Der Unterschied ist signifikant. Bis zum Ansprechen vergehen im Median zwei Monate.14 Nach 24-wöchiger
verblindeter Anwendung liegen die Ansprechraten unter zweimal 25 mg bei 44% bis 56%, unter zweimal 50 mg bei 59% und unter Plazebo bei 5%.12,13 Ein
indirekter Vergleich mit Efalizumab wird dadurch erschwert, dass in den Etanercept-Studien bei vorzeitigem Ausscheiden von Patienten der letzte gemessene
PASI-Wert fortgeschrieben wird, während in den Efalizumab-Studien jeder Ausgeschiedene als Therapieversager gilt. Dies dürfte zu scheinbar
höheren Ansprechraten in den Etanercept-Studien führen. In der US-amerikanischen ENBREL-Produktinformation14 werden trotz Auswertung
der gleichen Daten für Etanercept bis zu 5% niedrigere Ansprechraten angegeben. Auch während der Anwendung von Etanercept ist eine zum Teil als schwerwiegend eingestufte Verschlechterung der Psoriasis beschrieben, bislang aber
offenbar nicht nach Absetzen (Rebound-Phänomen, definiert als PASI |
| (R = randomisierte Studie)
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1 | GRIFFITHS, C.E.M. et al.: Health Technol. Assess. 2000; 4 (40): 1-125; zu finden unter http://www.ncchta.org/execsumm/summ440.htm | |
2 | Serono: Fachinformation RAPTIVA, Stand Sept. 2004 | |
3 | Wyeth: Fachinformation ENBREL, Stand Okt. 2004 | |
4 | Ärzte Ztg. vom 1. Dez. 2004 | |
5 | Europ. Bewertungsbericht (EPAR) RAPTIVA; Stand Dez. 2004; http://www.emea.eu.int/humandocs/Humans/EPAR/raptiva/raptiva.htm | |
R | 6 | LEBWOHL, M. et al.: N. Engl. J. Med. 2003; 349: 2004-13 |
R | 7 | GORDON, K.B. et al.: JAMA 2003; 290: 3073-80 |
8 | MARZELLA, L. (FDA): Medical Review Efalizumab, Okt. 2003; unter http://www.fda.gov/cder/foi/nda/2003/125075_0000_RaptivaTOC.htm | |
9 | MENTER, A. et al.: Arch. Dermatol. 2005; 141: 31-8 | |
10 | US-amerikanische Produktinformation RAPTIVA, Stand Okt. 2003 | |
11 | Europ. Bewertungsbericht (EPAR) ENBREL, Rev. 4 vom 14. Jan. 2005; http://www.emea.eu.int/humandocs/Humans/EPAR/enbrel/enbrel.htm td> | |
R | 12 | GOTTLIEB, A.B. et al.: Arch. Dermatol. 2003; 139: 1627-32 |
R | 13 | LEONARDI, C.L. et al.: N. Engl. J. Med. 2003; 349: 2014-22 |
14 | US-amerikanische Produktinformation ENBREL, Stand 2004 | |
15 | ADAMS, A.E. et al.: J. Am. Acad. Dermatol. 2004; 51: 660-2 | |
16 | FRYREAR 2., R.S. et al.: J. Am. Acad. Dermatol. 2004; 51: 1026 | |
17 | Novartis: Fachinformation SANDIMMUN, Stand Juli 2004 | |
18 | Wyeth: Fachinformation LANTAREL, Stand Jan. 2004 | |
R | 19 | HEYDENDAEL, V.M.R. et al.: N. Engl. J. Med. 2003; 349: 658-65 |
R | 20 | SANDHU, K. et al.: J. Dermatol. 2003; 30: 458-63 |
21 | CHALMERS, R.J. et al.: Br. J. Dermatol. 2005; 152: 444-50 | |
22 | KOO, J., LEBWOHL, M.: J. Am. Acad. Dermatol. 1999; 41: 51-9 | |
23 | Roche: Fachinformation NEOTIGASON, Stand Sept. 2002 |
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