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Vorsicht Desinformation

UMCKALOABO, DIE LEBER UND SPITZNER

Den Bericht über Verdacht auf Leberschädlichkeit des Pelargonium-Pflanzenextraktes UMCKALOABO in a-t 2006; 37: 41-2 interpretiert die Firma Spitzner als Diskreditierung ihres Produktes. In Anschreiben "an alle Apotheken und Ärzte" behauptet sie, ein Zusammenhang mit der Einnahme sei "unwahrscheinlich", weil der beschriebene Patient "über lange Jahre zusätzlich ein Präparat mit bekanntermaßen leberschädigendem Potenzial (Ibuprofen) eingenommen hat" und weil die klinische Dokumentation "keinen Hinweis auf mögliche pathologische Leberveränderungen" ergebe.1 Spitzner wolle "alle rechtlichen Optionen" prüfen, um gegen die "diffamierende Darstellung vorzugehen".1 Inzwischen hat die Firma bei mindestens vier Tageszeitungen, die das a-t zitiert haben, Gegendarstellungen eingefordert. Darin wird behauptet: "Wahr ist ..., dass hinsichtlich der in UMCKALOABO enthaltenen Wirkstoffe und ihren Dosierungen leberschädigende Wirkungen nicht festgestellt werden konnten. Dies bestätigt auch der vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte erteilte Zulassungsbescheid."2

Der Vorgang offenbart einen erschreckenden Umgang des Phytopharmakaherstellers mit Verdachtsberichten über Nebenwirkungen. Der Verweis auf eine langjährige potenziell hepatotoxische Komedikation soll vom eigenen Präparat ablenken, ist aber nicht schlüssig, wenn eine zeitliche Assoziation mit der Einnahme des aktuell verdächtigten Präparates besteht. Zudem können weder ein Zulassungsbescheid noch klinische Studien "bestätigen", dass leberschädigende Effekte eines Produktes auszuschließen sind. Von den mindestens 78 Meldungen, die dem BfArM in Verbindung mit Pelargonium-Extrakten seit 1990 vorliegen,3 betreffen zwei die Leber und werden in der Kausalität von der Behörde als "mindestens möglich"4 eingestuft. Während die Rote Liste zumindest Magen-Darm-Beschwerden, Überempfindlichkeitsreaktionen sowie Zahnfleisch- oder Nasenbluten als unerwünschte Effekte aufführt, bewirbt Spitzner den Wurzelextrakt als "ohne bekannte Nebenwirkungen", der selbst "Kindern ab dem 1. Lebensjahr bedenkenlos gegeben werden" könne.5

Bei Redaktionsschluss erreicht uns ein weiterer Bericht über Hepatitis mit Anstieg der Transaminasen über 3.000 U/l bei einem knapp 2-jährigen Kind, das UMCKALOABO wegen Pharyngitis erhalten hat (NETZWERK-Bericht 14.118).

Die finanzielle Basis der Firma Spitzner erscheint krisenanfällig. Knapp zwei Drittel des Umsatzes über öffentliche Apotheken von 77 Millionen € entfallen auf UMCKALOABO. Kritik am Nutzen des Präparates (a-t 2003; 34: 28-9) und Nebenwirkungsberichte treffen daher den Nerv der Firma. Das a-t selbst hat im Übrigen bis heute kein Gegendarstellungsersuchen erhalten. Verdachtsberichte der Fachkreise zu Nebenwirkungen entziehen sich nach unserer Einschätzung dem Prinzip der Gegendarstellung. Die Firmenbehauptungen nach dem Motto "wahr ist" erachten wir als Desinformation des Firmenmarketings. Ein solches Vorgehen ist nicht geeignet, Vertrauen für Produkt und Firma zu wecken, - Red.

© 2006 arznei-telegramm

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