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Orale Antikoagulanzien weiterhin Antithrombotika der Wahl bei chronischem Vorhofflimmern: Patienten mit chronischem Vorhofflimmern haben bei gleichzeitigem Vorliegen von Risikofaktoren wie Herzinsuffizienz oder hohem Alter ein jährliches Risiko von 3% bis 7%, einen Schlaganfall zu erleiden. Etwa 32 Patienten müssen ein Jahr lang die in Leitlinien empfohlenen oralen Antikoagulanzien wie Phenprocoumon (MARCUMAR u.a.) einnehmen, um einen Schlaganfall zu verhüten (SINGER, D.E. et al.: Chest 2004; 126: 429S-56S). Das Risiko für Blutungen steigt jedoch: Intrakranielle Blutungen betreffen bei über 75-Jährigen jährlich bis zu 1,8% gegenüber 0,8% unter Azetylsalizylsäure (ASS; ASPIRIN u.a.; Number needed to harm [NNH] = 100). ASS wirkt jedoch weniger gut und wird nur bei Patienten mit niedrigem Risiko empfohlen. Der Nutzen einer "doppelten" Thrombozytenaggregationshemmung ist unklar und wird in der aktuell veröffentlichten ACTIVE-W*-Studie untersucht: 11.706 Patienten mit chronischem Vorhofflimmern und zusätzlichen Risiken wie vorangegangenem Schlaganfall oder Herzinsuffizienz nehmen entweder täglich 75 mg bis 100 mg ASS plus 75 mg Clopidogrel (ISCOVER, PLAVIX) ein oder alternativ Antikoagulanzien mit INR-Zielwerten zwischen 2,0 und 3,0. Primärer Endpunkt sind das erste Auftreten eines Schlaganfalls, anderer systemischer Embolien oder eines Herzinfarktes sowie vaskulär bedingter Tod. Die offen durchgeführte Studie (nur die Endpunkte werden verblindet evaluiert) wird nach einer mittleren Nachbeobachtungszeit von 1,3 Jahren abgebrochen, da sich die Antikoagulation als überlegen erweist: Der primäre Endpunkt tritt pro Jahr unter der kombinierten Aggregationshemmung bei 5,6%, unter Antikoagulation bei 3,9% der Patienten auf (relatives Risiko [RR] 1,44; 95% Konfidenzintervall [CI] 1,18-1,76). Insbesondere das Risiko für Insulte steigt (2,9% versus 1,4%)**, während kein Unterschied bei der Mortalität zu erkennen ist (3,8% vs. 3,8%). Überraschenderweise sind Blutungen unter ASS plus Clopidogrel insgesamt häufiger als unter Antikoagulation (15,4% versus 13,2%), schwere Blutungen sind ungefähr gleich häufig (2,4% versus 2,2%). Drei Viertel aller Patienten haben vor Einschluss in die Studie bereits Antikoagulanzien eingenommen. Sie stellen somit eine ausgewählte Gruppe dar, die auf die Behandlung "eingespielt" ist, was einen Vorteil (Bias) für die Behandlung mit Antikoagulanzien bedeuten kann. Doch auch Patienten, die neu eingestellt werden, erleiden unter ASS plus Clopidogrel numerisch häufiger ein Ereignis des primären Endpunktes (5,9% versus 4,7%, RR 1,27; 95% CI 0,85-1,89; The ACTIVE Writing Group: Lancet 2006; 367: 1903-12). Nach den aktuellen Daten ist die - in dieser Indikation ohnehin nicht zugelassene - doppelte Thrombozytenaggregationshemmung mit ASS und Clopidogrel keine Alternative zur Antikoagulation bei gefährdeten Patienten mit chronischem Vorhofflimmern, -Red.

*  ACTIVE = Atrial fibrillation Clopidogrel Trial with Irbesartan for prevention of Vascular Events. Die Arbeit ist Teil eines größeren Studienprogramms.

**  Alle Ergebnisse werden auf ein Jahr bezogen angegeben.

© 2006 arznei-telegramm

Autor: Redaktion arznei-telegramm - Wer wir sind und wie wir arbeiten

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