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Korrespondenz

NOVO NORDISK: GEWINNVERZICHT ZUM WOHLE DER PATIENTEN?

Kürzlich erhielt ich nachfolgendes Schreiben von Novo Nordisk. Ich muss gestehen, dass mir beim Lesen vor lauter Rührung Tränen in den Augen standen. Endlich mal eine Firma, die nicht gewinnorientiert denkt!

KEMINER, E. (Apotheker)
D-32457 Porta Westfalica
Interessenkonflikt: keiner

…Um Ihren Kunden eine Umstellung auf Humaninsulin zu ersparen, haben wir für unser lang wirksames Analoginsulin LEVEMIR (Insulin detemir, –Red.) mit mehreren gesetzlichen Krankenkassen Versorgungswahlverträge zur Behandlung des Typ-2-Diabetes abgeschlossen. Damit kann LEVEMIR für die Versicherten dieser Kassen weiterhin und ohne Einschränkung vom behandelnden Arzt verordnet werden. Für uns hat das Wohl der Menschen mit Diabetes Vorrang…

Novo Nordisk: Schreiben vom 14. Juli 2010

Mit der Veröffentlichung im Bundesanzeiger ist der Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) zur Verordnungsfähigkeit langwirkender Insulinanaloga bei Typ-2-Diabetes am 14. Juli 2010 in Kraft getreten. Insulin detemir (LEVEMIR) und Insulin glargin (LANTUS) dürfen bis auf wenige Ausnahmen nur noch verordnet werden, wenn dies nicht mit Mehrkosten im Vergleich zu intermediär wirkendem Humaninsulin verbunden ist.1 Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) hatte das Verfahren zwischenzeitlich unterbrochen, da es – wie auch die Hersteller der betroffenen Präparate – der Meinung war, dass der G-BA bei der Beurteilung der Wirtschaftlichkeit verschiedene pharmakoökonomische Studien nicht hinreichend beachtet habe.2 In seiner ergänzenden Stellungnahme bekräftigt der Ausschuss, dass diese Untersuchungen den methodischen Anforderungen nicht genügen. Zudem wirft der G-BA dem Ministerium vor, dass dessen Auslegung des Wirtschaftlichkeitsgebotes im Hinblick auf die Frage, welche Kostengesichtspunkte in die vergleichende Beurteilung der Wirtschaftlichkeit einzustellen sind, nicht "mit dem Gesetz in Einklang" stehe. Nur die unmittelbaren Arzneimittelkosten, also die Arzneimittelpreise bzw. die nach Abzug von Rabatten verbleibenden unmittelbaren Kosten dürften berücksichtigt werden, nicht aber die mit einer Therapie lediglich mittelbar in Zusammenhang stehenden Kosten.3

Dass für den LEVEMIR-Anbieter Novo Nordisk das Wohl der Menschen Vorrang hat, gilt offenbar nur in Deutschland. In Griechenland hatte die Firma angedroht, ihr Analoginsulin nicht mehr zu verkaufen, nachdem die griechische Regierung im Zuge ihres Sparprogramms zur Abwendung eines Staatsbankrotts eine drastische Preissenkung angeordnet hatte. Neben Gewinneinbußen wird ein Dominoeffekt in andere europäische Länder befürchtet.4 Aus dem gleichen Grund werden auch hierzulande nicht die Preise gesenkt, sondern die Hersteller ziehen es vor, intransparente Verträge mit Krankenkassen abzuschließen (vgl. a-t 2008; 39: 1-3; 2006; 37: 109), –Red.

 1Bundesministerium für Gesundheit: Bundesanzeiger Nr. 103 vom 14. Juli 2010, S. 2422
 2Bundesministerium für Gesundheit: Schreiben vom 21. Mai 2010
 3Gemeinsamer Bundesausschuss: Ergänzende Stellungnahme vom 21. Juni 2010
 4TELGHEDER, M.: Handelsblatt vom 1. Juni 2010, Seite 25

© 2010 arznei-telegramm, publiziert am 20. August 2010

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