Nach wie vor bleibt jede dritte bis vierte Studie unveröffentlicht
Wird in Diskussionen thematisiert, dass viele Studien unveröffentlicht bleiben, hört man von Firmenmitarbeitern des Öfteren: "Das war früher so, heute ist alles transparent." Solche Kommentare kennen wir allerdings seit Jahrzehnten, nur sieht die Realität nach wie vor anders aus. Auch nach der aktuellsten Studie1 zu dieser Frage bleibt selbst von den größeren Untersuchungen fast ein Drittel unveröffentlicht. US-amerikanische Autoren sind Studien mit mindestens 500 Teilnehmern nachgegangen, die vor Januar 2009 unter ClinicalTrials.gov, der weltgrößten Datenbank für klinische Studien, prospektiv registriert und vor 2009 abgeschlossen wurden. Bis November 2012 blieben 171 (29%) von 585 erfassten Studien unveröffentlicht* - im Median 60 Monate nach Studienabschluss. Von industriegesponserten Studien ist jede dritte nicht als Publikation auffindbar (150 von 468: 32%), bei anderer Finanzierung jede fünfte bis sechste (21 von 117: 18%). Nur für 38 (22%) der 171 nicht veröffentlichten Studien finden sich unter ClinicalTrials.gov Angaben zu Ergebnissen. Diese können jedoch keineswegs als Ersatz für eine Peer-Review-Veröffentlichung gelten.1 Nach bisheriger Kenntnis werden vor allem Studienergebnisse unterschlagen, die für das geprüfte Präparat negativ ausgegangen sind. Dies hat Folgen: Metaanalysen fallen zu positiv aus, und darauf bauende Therapieentscheidungen können falsch sein (a-t 2004; 35: 29-30; 2010; 41: 1-3). Die Autoren der aktuellen Analyse stellen zudem die ethische Problematik heraus: Für eine Viertelmillion Studienteilnehmer - etwa 26% der erfassten Gesamtgruppe - sind keine Ergebnisse auffindbar. Sie haben somit die Risiken, an einer Studie teilzunehmen, auf sich genommen, ohne dass die Gesellschaft davon profitieren kann.1,2 Die anhaltende Unterdrückung von Studiendaten ist aber nur eine Seite des Problems, die andere ist die Verbreitung wertloser Veröffentlichungen. Manipulierte Arbeiten lassen sich offensichtlich leicht unterbringen - in klassischen sowie in "open-access"-Zeitschriften. Von 304 Versuchen eines Wissenschaftsjournalisten, eine frei erfundene Arbeit, die absichtlich Fehler enthielt, in "Open-access"-Zeitschriften zu publizieren, waren bis zur Veröffentlichung seines Tests 52% erfolgreich. Nur 32% schlugen fehl.3 Nach wie vor führt die Bewertung von Therapeutika auf der Basis veröffentlichter Studien leicht in die Irre (a-t 2003; 34: 62-3), -Red.
1 | JONES, C.W. et al.: BMJ 2013; 347: f6104 (9 Seiten), 29. Okt. 2013 http://www.bmj.com/content/347/bmj.f6104.pdf%2Bhtml |
2 | BMJ: Pressemitteilung, Unpublished trial data, vom 29. Okt. 2013 http://www.bmj.com/press-releases/2013/10/29/unpublished-trial-data-"violates-ethical-obligation"-study-participants-sa |
3 | BOHANNON, J.: Science 2013; 342: 60-5 |
* | Abgeschlossene Studien: 26% unveröffentlicht (132 von 513), abgebrochene Studien: 67% (29 von 43), "aktive" Studien "ohne Rekrutierung": 34% unveröffentlicht (10 von 29). |
© 2013 arznei-telegramm, publiziert am 8. November 2013
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