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Im Blickpunkt

DABIGATRAN (PRADAXA) ZUR ANTIKOAGULATION BEI VORHOFFLIMMERN
… doch Monitoring notwendig?

Ein wichtiges Werbeargument für die neuen oralen Antikoagulanzien seitens der Hersteller ist, dass ein Monitoring der Therapie wie bei Cumarinen nicht notwendig sein soll. Eine jetzt erst publizierte präspezifizierte Subanalyse zur Zulassungsstudie für Dabigatran (PRADAXA) bei Vorhofflimmern (RE-LY; vgl. a-t 2011; 42: 74-7) lässt erhebliche Zweifel an der Korrektheit dieser Behauptung aufkommen.1 Bei 9.183 Patienten der RE-LY-Studie2 wurden Dabigatran-Plasmaspiegel bestimmt und mit den ischämischen Schlaganfällen und systemischen Embolien sowie mit den schweren Blutungen korreliert. Erwartungsgemäß sind die Plasmaspiegel unter anderem vom Alter, Gewicht, Geschlecht und von der Nierenfunktion abhängig. Trotz der Anpassung der Dosierung an das Alter und die Nierenfunktion, wie sie auch in der Fachinformation empfohlen wird, schwanken die Plasmaspiegel bei Betrachtung der 10. und 90. Perzentile um den Faktor fünf. Dabei korrelieren die Spiegel direkt und hochsignifikant mit der Rate schwerer Blutungen (p < 0,0001) und invers mit der Rate an Schlaganfällen und Embolien (p = 0,045).1

Die Autoren kommen in der Publikation zu dem etwas vorsichtig anmutenden Schluss, dass eine Anpassung der Dosis an die Dabigatran-Plasmaspiegel für bestimmte Patienten das Nutzen-Schaden-Verhältnis verbessern könnte.1 Die Untersuchung hat innerhalb der Firma Boehringer Ingelheim, dem Anbieter von Dabigatran, offenbar für erhebliche Unruhe gesorgt. Aus mehreren, im Rahmen von tausenden Schadensersatzprozessen in den USA öffentlich gewordenen firmeninternen E-Mails3,4 geht hervor, dass die Autoren ihre ursprünglich formulierten Schlussfolgerungen revidieren und deutlich abschwächen mussten. Sie hätten den Marketinginteressen entgegengestanden und wären für den Wettbewerb mit den anderen neuen oralen Antikoagulanzien nachteilig gewesen. Sogar ein kompletter Verzicht auf die Publikation war zwischenzeitlich im Gespräch. Wie man der Korrespondenz des Weiteren entnehmen kann, wurde schon vor Jahren die Entwicklung eines Labortests zur Überwachung der antikoagulatorischen Wirkung ins Auge gefasst, dann aber verworfen. Auch hier war der Grund, dass Laborkontrollen nicht in das Vermarktungsprofil des Thrombinhemmers gepasst hätten.4

Bis zum Beweis des Gegenteils dürften die Befunde zu Dabigatran in ähnlicher Weise auch für die übrigen neuen oralen Antikoagulanzien gelten. Anders als bei Cumarinen, bei denen die Labortests zur Überwachung langjährig etabliert sind und der optimale therapeutische Bereich gut abgesichert ist, fehlen bei den neuen oralen Antikoagulanzien etablierte Überwachungsmöglichkeiten.

Wir halten es für einen Skandal, wie hier reine Firmeninteressen dem Anspruch und Recht der Patienten auf eine möglichst sichere Arzneimitteltherapie vorangestellt werden. Für die neuen oralen Antikoagulanzien sehen wir weiterhin nur eine Indikation, wenn eine gute Einstellung der INR-Werte unter Cumarin nachweislich nicht möglich ist oder spezifische Kontraindikationen vorliegen (a-t 2014; 45: 13-4).

  (R = randomisierte Studie)
1 REILLY, P.A. et al.: J. Am. Coll. Cardiol. 2014; 63: 321-8
R  2 CONNOLLY, S.J. et al.: N. Engl. J. Med. 2009; 361: 1139-51
3 McCARTHY, M.: Brit. J. Med. 2014; 348: g1505 (2 Seiten)
4 New York Times: Unsealed Court Documents in Pradaxa Case, 5. Febr. 2014; http://www.a-turl.de/?k=amwe

© 2014 arznei-telegramm, publiziert am 14. März 2014

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