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Gepanschte Nahrungsergänzungsmittel - kein Ende in Sicht

Warnungen vor gepanschten Nahrungsergänzungsmitteln können verpuffen, weil die Produkte per Internet ungehindert über Landesgrenzen hinweg verkauft werden.1 In einer kleinen US-amerikanischen Studie2 wird jetzt erstmals überprüft, ob Nahrungsergänzungsmittel, bei denen in Laboranalysen nicht deklarierte chemische Wirkstoffe aufgefallen sind, trotz angeordneter Marktrückrufe weiterhin mit den beanstandeten Bestandteilen verkauft werden. Im Vierjahreszeitraum 2009 bis 2012 hat die US-amerikanische Behörde FDA 274 Nahrungsergänzungsmittel als gepanscht aus dem Handel zurückgerufen. Jedes zehnte Produkt (n = 27) erfüllt die weiteren Einschlusskriterien der Studie: Es konnte im Juli oder August 2013 - 8 bis 52 Monate nach dem Rückruf durch die FDA - über die Internetseiten des Anbieters oder im Handel bezogen werden, und Produktname, Hersteller und Anbieter sind seit der FDA-Maßnahme gleich geblieben. Das Labor, das die so erfassten 27 Produkte untersucht, erhält keine Details zur Vorgeschichte, sondern lediglich Angaben zum beworbenen Anwendungszweck - beispielsweise Gewichtsabnahme oder Steigerung der Sexualität. Bei zwei Drittel (18 von 27) der Nahrungsergänzungsmittel weist das Labor erneut nicht deklarierte chemische Substanzen nach - bis auf eine Ausnahme die gleichen Wirkstoffe, die zuvor auch im FDA-Labor identifiziert wurden -, bei 22% (6 von 27) zudem einen oder mehrere weitere Bestandteile. Nachgewiesen wurde: der Appetithemmer Sibutramin (REDUCTIL; seit 2010 wegen Herz-Kreislauf-Schädlichkeit vom Markt; a-t 2010; 41: 24), das Abführmittel Phenolphthalein (früher DARMOL u.a.; wegen Verdachts auf Kanzerogenität vom Markt; a-t 1997; Nr. 9: 100 und Nr. 10: 106), der Phosphodiesterase-5-Hemmer Sildenafil (VIAGRA, Generika), das Antidepressivum Fluoxetin (Generika), Aromatasehemmer und Anabolika.2 Ob die übrigen von der FDA zurückgerufenen Nahrungsergänzungsmittel tatsächlich vom Markt verschwunden sind oder inzwischen vielleicht unter anderen Namen angeboten werden, wird in der Studie nicht untersucht. Die Studie gibt Hinweise, dass Rückrufanordnungen im nahezu unkontrollierbaren Markt der Nahrungsergänzungsmittel nicht effektiv sind. Umso wichtiger ist die Information über entlarvte Panschereien.3 Die vom a-t mitgegründete Verbraucherzeitschrift Gute Pillen - Schlechte Pillen nennt in der Datenbank "Gepanschtes"4 inzwischen mehr als 1.300 auffällig gewordene Produkte -, und diese sind nur die Spitze des Eisbergs, -Red.

 
1 Gute Pillen - Schlechte Pillen 6/2014: 27
2 COHEN, P.A. et al.: JAMA 2014; 312: 1691-3
3 Gute Pillen - Schlechte Pillen 5/2013: 24-7
4 Gute Pillen - Schlechte Pillen, Datenbank "Gepanschtes"
http://www.a-turl.de/?k=orfe

© 2014 arznei-telegramm, publiziert am 12. Dezember 2014

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