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Kurz und bündig

Zum Hintergrund eines prophylaktischen Rote-Hand-Briefes für BERLTHYROX

Aus dem Levothyroxin-Präparat BERLTHYROX wird nach Austausch einiger Hilfsstoffe L-THYROXIN BC. Ein solcher Routinevorgang wäre normalerweise weder einen Rote-Hand-Brief1 noch einen a-t-Artikel wert. Doch das Schilddrüsenhormon Levothyroxin ist ein Wirkstoff mit enger therapeutischer Breite und darf im Rahmen von aut idem nicht ausgetauscht werden (a-t 2015; 46: 16). Vor allem aber hat der Vorgang eine Vorgeschichte: Wegen schwankender Wirkstoffmengen in älteren Levothyroxin-Zubereitungen – abhängig von Präparat, Charge und Dauer der Lagerung, aber auch von Feuchtigkeit, Temperatur, bestimmten Hilfsstoffen u.a. (a-t 2013; 44: 51-2) – empfehlen Zulassungsbehörden seit Jahren eine Überarbeitung der Galenik dieser Präparate. Schließlich erfordert die Therapieeinstellung bisweilen Dosisanpassungen in kleinen, beispielsweise 12,5-µg-Schritten und somit einen verlässlichen Wirkstoffgehalt der angebotenen Dosisstärken. In Frankreich führte jedoch 2017 die Optimierung der pharmazeutischen Qualität von LEVOTHYROX von Merck-Serono trotz vorheriger Überprüfung der Bioäquivalenz der überarbeiteten Version innerhalb eines halben Jahres zu einer noch nie dagewesenen Lawine von rund 15.000 Meldungen unerwünschter Wirkungen, in denen Beschwerden beschrieben wurden, die auf Über- oder Unterdosierungen deuten. Vorübergehend wurde das Präparat sogar wieder in der alten Formulierung angeboten.2 Bei der Überprüfung der Neuformulierung ließen sich aber keine Qualitätsmängel erkennen. Zur Meldeflut dürften mediale Aufmerksamkeit und parallele Einführung eines vereinfachten Online-Meldesystems beigetragen haben sowie mangelnde Kommunikation über die Umstellung. Mit Blick auf diese Ereignisse stellte das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) 2018 Kommunikation als einen „Schwerpunkt der regulatorischen Arbeit“ heraus.3 Die Neuformulierung des deutschen Merck-Präparats EUTHYROX 2019 wurde daher mit einem Rote-Hand-Brief4 eingeleitet, wie aktuell auch der Austausch von Hilfsstoffen in BERLTHYROX/L-THYROXIN BC1. Die Neuformulierungen sollen für die Stabilität von Levothyroxin während der gesamten Dauer der Haltbarkeit des Arzneimittels sorgen und die Änderung des Namens für die eindeutige Unterscheidung zwischen ursprünglicher und neuer Zusammensetzung.1 Trotz der für die Neuformulierungen belegten Bioäquivalenz zu den Vorläuferpräparaten können bei entsprechend disponierten Personen Unterschiede in der Aufnahme des Schilddrüsenhormons bestehen. Darauf wird sowohl in dem Rote-Hand-Brief1 als auch in einer die Umstellung begleitenden Patienteninformation5 hingewiesen.

1Berlin-Chemie: Rote-Hand-Brief, Jan. 2022; https://a-turl.de/te29
2Prescrire International 2018; 27: 45-6
3BROICH, K.: Bull. zur Arzneimittelsicherheit 2018; Nr. 3: 3; https://a-turl.de/wtpt
4Merck: Rote-Hand-Brief vom 10. Apr. 2019; https://a-turl.de/5adk
5Berlin-Chemie: Information für Patienten, Jan. 2022; https://a-turl.de/xduh

© 2022 arznei-telegramm, publiziert am 21. Januar 2022

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