Meldungen über thromboembolische Ereignisse in Verbindung mit den Gestoden-haltigen Kontrazeptiva FEMOVAN und MINULET lösten
1989 beim BGA Ermittlungen nach dem Stufenplan zur Abwehr von Arzneimittelrisiken aus (vgl. 3 [1989], 29 und 35). Unter Berufung auf die Gestoden-M (=
MINULET)- und -F (= FEMOVAN)-Studien behaupten Wyeth und Schering hingegen Inzidenzraten schwerwiegender thromboembolischer Ereignisse von 0,66
Ereignissen auf 1.000 Frauenjahre, die mit den in der Literatur veröffentlichten Daten übereinstimmen sollen. Hierbei scheint jedoch durch
Datenmanipulation auf "schwerwiegende Ereignisse" die Ereignisrate herunterselektioniert worden zu sein. Auch der Literaturbezug erscheint
unzutreffend, da ein Vergleich mit höher dosierten Kontrazeptiva herangezogen wird (vgl. a-t 8 [1992],
80).1
Nach einer BGA-internen Expertise ist die Aussagekraft der Gestoden-F-Studie zum thromboembolischen Risiko von FEMOVAN wegen erheblicher methodischer
Mängel in Planung, Durchführung und Auswertung gering. Das thromboembolische Risiko wird auf der Grundlage dieser Daten als falsch niedrig gewertet.
Werden alle thromboembolischen Ereignisse berücksichtigt, ist die Gefährdung in den Gestoden-F/M-Studien mit 6,6 Ereignissen pro 1.000 Frauenjahre
mehr als dreifach höher als in einer vergleichbaren Studie mit dem ebenfalls niedrig dosierten CILEST (35 µg Ethinylestradiol + 250 µg Norgestimat;
2 Ereignisse pro 1.000 Frauenjahre).
Obwohl dem Bundesgesundheitsamt bekannt ist, daß die Vertreiber Gestoden-haltiger Kontrazeptiva und den Firmen nahestehende Meinungsbildner zu niedrige
Zahlen zum Risikopotential thromboembolischer Ereignisse verbreiten, unterbleiben Maßnahmen zur Risikoabwehr wie zu hören ist vor
allem auf Initiative des vorübergehend suspendierten BGA-Abteilungsleiters Dr. G. KREUTZ. Ein höheres Risiko von FEMOVAN und MINULET im
Vergleich zu anderen niedrig dosierten Kontrazeptiva stellt die Verkehrsfähigkeit von FEMOVAN/MINULET in Frage (§ 5 AMG verbietet das
Inverkehrbringen gefährlicher Arzneimittel). Die Firmenangaben verschleiern das Risikopotential Gestoden-haltiger Kontrazeptiva und verhindern, daß
Ärzte und Anwenderinnnen Nutzen und Risiken der FEMOVAN/MINULET-Einnahme abwägen können.
FAZIT: Aus den dem Bundesgesundheitsamt, der Arzneimittelkommission Köln und dem NETZWERK DER GEGENSEITIGEN INFORMATION des arznei-
telegramm vorliegenden Daten ergibt sich schon seit 1989 für die Gestoden-haltigen Kontrazeptiva FEMOVAN/MINULET übereinstimmend ein deutlich
höheres Risiko thromboembolischer Ereignisse als für andere niedrig dosierte empfängnisverhütende Mittel (vgl. a-t 8 [1989], 77 und 9 [1991], 74). Trotzdem hat das BGA bis heute nicht gehandelt.
1 VESSEY, M. et al.: Brit. Med. J. 292 (1986), 526 / ati d
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