Das Antiemetikum Ondansetron (ZOFRAN) steht chemisch dem Serotonin nahe. Neben extrapyramidal-motorischen Bewegungsstörungen (a-t 3 [1991], 26, 9 [1992], 93), wie sie von Neuroleptika bekannt sind, kann
der Serotonin-Antagonist auch Symptome eines Serotonin-Syndroms verursachen (vgl. Seite 55) und die Darmmotilität herabsetzen. Das wegen seiner hohen
Letalität gefürchtete maligne Neuroleptika-Syndrom wird mit Ondansetron in Verbindung gebracht.
Bislang gibt es weltweit über 25 Meldungen von Darmverschlüssen in Verbindung mit Ondansetron, darunter auch Formen des paralytischen Ileus. Zum
Teil wurden operative Interventionen bei Krebspatienten erforderlich. Nach Eingriffen in der Bauchchirurgie, die ohnehin mit häufigerem Erbrechen sowie
paralytischem Ileus als Komplikationen einhergehen, dürfte die Zahl Ondansetron-bedingter Darmverschlüsse zunehmen.
Ondansetron (ZOFRAN) ist ein razemischer 5-HT (Serotonin)3-Rezeptorenblocker, der bei Übelkeit und Erbrechen
(ausgelöst durch Cisplatin [PLATINEX]-Therapie) eine ungewöhnliche Dosis-Effekt-Beziehung aufweist: Mit hohen Dosen des Serotonin-Antagonisten
nimmt dessen Wirksamkeit ab. Neben dem nicht ganz sauberen Rezeptorprofil des Blockers wird hierfür die Razematstruktur verantwortlich gemacht (R und S
Stereoisomer unterscheiden sich in ihren Eigenschaften).2 Außer extrapyramidalen Störwirkungen kann Ondansetron auch serotonerge Symptome
verursachen.
5-HT3-Rezeptoren spielen eine Rolle für die Motilität im Gastrointestinaltrakt. So verzögert Ondansetron die Transitzeit des Darminhaltes im Kolon um
mehr als 10 Stunden. Diese Verzögerung ist besonders bei Personen ausgeprägt, die von sich aus kurze Transitzeiten3 haben. Ondansetron
wurde deswegen bereits bei Patienten mit Diarrhoe und Colon irritabile erfolgreich angewendet.4,5 5-HT3-Antagonisten bewährten sich bei anderweitig
nicht zu beherrschendem Durchfall von Patienten mit Karzinoid-Syndrom.6 Postoperativ könnte sich diese Eigenschaft schädlich
auswirken.
Österreich, welches in der Europäischen Union eine Vorreiterrolle bei der überraschend schnellen Zulassung auch von Medikamenten mit
umstrittener Indikation wahrnimmt wie des "Antioxidans" Tirilazad (FREEDOX, a-t 2 [1995], 23), hat
ZOFRAN seit April 1993 für postoperatives Erbrechen und Übelkeit zugelassen. Die deutsche Behörde zögert, dieses Anwendungsgebiet
freizugeben. |
Solange das Antiemetikum und seine Weiterentwicklungen nur kurzfristig synchron zur Chemo- und Strahlentherapie angewendet werden, sind schwerwiegende
Folgeeffekte selten. Dies könnte sich ändern, wenn Ondansetron, das auch als Neuroleptikum geprüft wird, bei postoperativem Erbrechen
Verwendung findet.
Bis heute informiert der pharmazeutische Unternehmer weder Arzt noch Patienten angemessen über Ileusrisiko (Fachinformation:1 "bei einigen
Patienten ... Obstipation"), extrapyramidal-motorische-Symptome wie Sitzunruhe, Rigor und Schiefhals sowie serotonerge Symptome in Richtung des
Serotonin-Syndroms.
FAZIT: Das als spezifischer 5-HT(Serotonin)3-Antagonist eingeführte Antiemetikum Ondansetron (ZOFRAN) gefährdet Personen mit erhöhtem
Risiko eines Darmverschlusses, etwa bei der Anwendung nach Eingriffen in der Bauchchirurgie. Extrapyramidal-motorische Symptome sowie serotonerge
Folgereaktionen kommen vor. Es empfiehlt sich, das wertvolle Mittel ausschließlich kurzzeitig der Behandlung akuten Erbrechens im Gefolge stark emetogener
Zytostatika vorzubehalten.
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