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Korrespondenz

JAGD AUF SCHERING?

... Die Firma Schering hat verantwortungsbewußt gehandelt und ISOVIST neun Monate nach Einführung vom Markt genommen. Dafür hauen Sie jetzt Schering in die Pfanne (a-t 10 [1995], 104).

Die Firma Nycomed München hat drei Monate nach ISOVIST ein fast identisches Kontrastmittel mit dem Namen VISIPAQUE eingeführt. Obwohl bei diesem Kontrastmittel gleich viele Spätreaktionen auftreten, denkt dieses Unternehmen nicht daran, das Präparat ebenfalls auszusetzen und die Patienten vor unangenehmen Nebenwirkungen zu schützen. VISIPAQUE wird hauptsächlich im CT getestet. Fragen Sie die Kollegen, was sich da abspielt. Die Patienten bekommen in der Nacht nach der Untersuchung die Spätreaktionen mit starkem Exanthem, Juckreiz oder Gesichtsschwellung. Auch aus urologischen Praxen fliegt das Präparat wegen erheblicher Spätreaktionen zunehmend heraus.

Wenn es Ihnen wirklich um eine saubere Berichterstattung geht, dann nehmen Sie dieses Präparat aufs Korn und gehen Sie in die Praxen, fragen Sie die Kollegen. Sie werden staunen.

Die Firma Byk hat 1995 ein neues nichtionisches Kontrastmittel IMERON eingeführt. Haben Sie die Warnhinweise im Beipackzettel gelesen? Auto fahren und Bedienen von Maschinen wegen Spätreaktionen 24 Stunden nach Kontrastmittel untersagt. Wo bleibt Ihr Bericht?...

NN (Name und Wohnort der Redaktion bekannt)

Selbstverständlich gelten die mitgeteilten Bedenken auch für ähnliche Erzeugnisse anderer Hersteller wie Nycomed und Byk. Das folgende an das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte gerichtete Schreiben vom 29. Okt. 1995 stützt unsere Vorbehalte gegenüber der mangelhaften Schering-Produktsicherheit,
–Red.

In a-t 10 (1995), 104 wird auf Hintergründe der Rücknahme des Kontrastmittels ISOVIST 280 hingewiesen... In diesem Zusammenhang steht die Frage, ob Schering diese für die Beurteilung der Produktsicherheit wichtigen Kenntnisse entgegen der gesetzlichen Vorschrift der Zulassungsbehörde nicht weitergeleitet oder die Behörde das Gefährdungspotential nicht erkannt hat. Als ehemaliger F&E (Forschung und Entwicklung, –Red.)-Leiter der japanischen Scheringtochter Nihon Schering (bis Dezember 1991), bei der das hohe Auftreten von Spätreaktionen nach ISOVIST 280 bereits im November 1991 festgestellt worden war, möchte ich weitere Einzelheiten dazu mitteilen.

Bei der als Multicenter-Studie in mehreren Dutzend Prüfzentren Japans laufenden Studie lag die Nebenwirkungsrate innerhalb des vom Prüfprotokoll vorgegebenen Kontrollzeitraums durchaus im Rahmen des üblichen. Auf Mitteilung eines Prüfers, daß bei ihm generalisierte Exantheme noch eine Woche nach Applikation aufgetreten waren, erfolgte eine Nachkontrolle auf Reaktionen jenseits des vom Protokoll definierten Zeitrahmens... In den bis Dezember 1991 ausgewerteten Zentren zeigte sich ein deutlicher Anstieg registrierter Reaktionen bei Nachkontrolle über den im Prüfprotokoll definierten Erfassungszeitraum hinaus...

Wegen der klinischen Bedeutung dieser Spätreaktionen, die den Patienten mangels ärztlicher Überwachung besonders gefährden, habe ich Anfang Dezember 1991 in einer Besprechung mit dem bei der Schering AG für Forschung und Entwicklung zuständigen Vorstand Prof. G. STOCK auf entsprechende Konsequenzen gedrängt. Meine Forderung, auch in anderen laufenden Prüfungen, etwa in Deutschland, den Erfassungszeitraum auszudehnen und bei Bestätigung der japanischen Daten die Einführung von ISOVIST 280 zu überdenken, wurde nicht entsprochen...

Die von Schering angegebene Relation von einem schweren Zwischenfall auf 10.000 Anwendungen erscheint von der Realität entfernt und übergeht die in Japan gefundene Nebenwirkungsrate. Während sich die in Deutschland praktisch nicht existierende "postmarketing-surveillance" auf die Sammlung von Zufallsmeldungen beschränkt, ist die Kontrolle der Produktsicherheit in den ersten Jahren nach Einführung in Japan wesentlich effektiver. Entsprechend ist die in a-t 10/95 genannte, für ISOVIST 280 weit ungünstigere Relation, wie sie sich aus den japanischen Daten ergibt, wesentlich realistischer...

Angesichts dieser offensichtlichen Verschleierung oder Zurückhaltung sicherheitsrelevanter Erkenntnisse seitens des Herstellers fragt man sich als klinisch tätiger Mediziner, wie sich unsere oberste Kontrollbehörde in Fragen der Arzneimittelsicherheit demgegenüber verhält.

Wie durch zahlreiche Dokumente belegt ist, zieht sich eine Serie von Verstößen gegen die Arzneimittelsicherheit wie ein roter Faden durch die letzten 20 Jahre Scheringgeschichte. Von den betroffenen Produkten stellt ISOVIST 280 den harmlosesten Fall dar...

Dr. med. H. PALLA
D-75179 Pforzheim


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