Einen Monat nach Einführung des aktiven Terfenadin-Metaboliten Fexofenadin (TELFAST, a-t 12 [1997],
122) kommt mit Mizolastin (MIZOLLEN) ein neues gering sedierendes Antihistaminikum in den Handel: Es soll bei Heuschnupfen, ganzjähriger allergischer
Rhinokonjunktivitis und chronisch idiopathischer Urtikaria Beschwerden lindern.
EIGENSCHAFTEN: Wie andere Antihistaminika blockiert Mizolastin Histamin-H1-Rezeptoren, soll aber zusätzlich u.a. durch Hemmung der
Leukotriensynthese antientzündlich wirken.1 Inwieweit dies auch auf andere Antihistaminika zutrifft, bleibt zu untersuchen. Leukotriene spielen eine
Rolle bei der Bronchokonstriktion des Asthmas. Die Wirksamkeit von Mizolastin bei dieser Indikation wird klinisch geprüft.
Das Antihistaminikum geht nach Einnahme zu 65% ins Blut über. Bei einer Plasmahalbwertszeit von 14 Stunden genügt die einmal tägliche
Einnahme. Mizolastin wird hauptsächlich glukuronidiert, aber auch über das Zytochrom-P450-Enzymsystem verstoffwechselt.2
KLINISCHE WIRKSAMKEIT: Vier klinische Studien liegen vollständig veröffentlicht vor. In einer zweiwöchigen Untersuchung mit knapp 500
Patienten lindern täglich 10 mg und 15 mg Mizolastin Beschwerden an Nase und Augen bei Heuschnupfen - gemessen am durchschnittlichen Symptom-Score -
nach zwei bis sieben Tagen deutlich besser als Plazebo, nicht aber nach zwei Wochen.3 Der geringe Nutzen von Antihistaminika bei Heuschnupfen wird
auch an einer Studie zur vorbeugenden Anwendung vor Beginn des Pollenflugs 4 deutlich: Mizolastin (10 mg/Tag) und Terfenadin (TELDANE u.a., 120
mg/Tag) schieben das Auftreten der Beschwerden gegenüber Plazebo lediglich um durchschnittlich eine Woche auf, zu schweren Symptomen kommt es im
Mittel drei Tage später. In einem vierwöchigen Vergleich mit 65 Hausstaub-Allergikern schneiden täglich 10 mg Mizolastin ähnlich ab wie
Loratadin (LISINO, 10 mg/Tag).5 Eine Plazebokontrolle fehlt. In einer vierwöchigen Studie zur Behandlung der chronisch idiopathischen Urtikaria
scheidet mehr als die Hälfte der 56 Teilnehmer vorzeitig aus, hauptsächlich wegen mangelhafter Wirksamkeit unter Plazebo (61%), aber auch unter Verum
(28%). Nach Intention-to-treat-Analyse bessern sich Quaddeln, Juckreiz und Rötungen unter Mizolastin (10 mg/Tag) stärker als unter
Scheinmedikament.6
STÖRWIRKUNGEN: Wie bei anderen sogenannten nicht sedierenden Antihistaminika gehören Müdigkeit und Mattigkeit auch bei
Mizolastin zu den Störwirkungen, außerdem Appetitsteigerung, Mundtrockenheit, Durchfall und Kopfschmerzen. Blutdruckabfall, Angst und Depression,
Leukopenie, Transaminasenanstieg, Blutzucker- und Elektrolytveränderungen werden beschrieben, ferner Bronchospasmen und Verschlimmerung eines
Asthmas.2
Auch Mizolastin kann das QT-Intervall im EKG verlängern. Der Hersteller stuft das Potential als schwach ein.2 Ihm sind Herzrhythmusstörungen,
insbesondere chaotische Kammertachykardien, und Todesfälle bisher nicht bekannt geworden.1 Die sehr begrenzten Erfahrungen mit der Neuerung
erlauben keine verlässliche Einschätzung des Risikos. So haben in längerfristigen Studien erst 69 Teilnehmer das Mittel über sieben Monate
eingenommen, weitere 127 über ein Jahr.1 Mizolastin darf nicht bei Vorschädigungen am Herzen, einschließlich vorbestehender QT-
Verlängerung, sowie bei Leberinsuffizienz und Elektrolytstörungen eingenommen und nicht mit Makroliden, Azol-Antimykotika sowie anderen QT-
verlängernden Arzneimitteln kombiniert werden.2
DOSIS UND KOSTEN: Mizolastin wird mit monatlichen Kosten von 42 DM für täglich 10 mg auf den Pfennig genau zum gleichen Preis
angeboten wie Loratadin (LISINO, täglich 10 mg) und Cetirizin (ZYRTEC, 10 mg/Tag). ZYRTEC-Importe gibt es bis zu 10% preiswerter (Alpha Med, 37,50
DM/Monat).
FAZIT: Das neue gering sedierende Antihistaminikum Mizolastin (MIZOLLEN) bietet nach den wenigen vorliegenden klinischen Daten keine Vorteile
gegenüber älteren Antihistaminika dieser Gruppe. Das kardiotoxische Potential lässt sich mangels Erfahrungen nicht abschätzen. Wir ziehen
besser erprobte Antiallergika wie Cetirizin (ZYRTEC) und Loratadin (LISINO) vor.
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