Orale Kontrazeptiva der dritten Generation vom Typ FEMOVAN dürfen in Deutschland seit einem Gerichtsbeschluss im Dezember 1997 wieder
ohne Altersbegrenzung als Erstwahlmittel verordnet werden (a-t 1 [1998], 1). Aussagekräftige Daten, die diese
Pillen vom Verdacht des höheren Thromboserisikos entlasten, gibt es jedoch nicht. Im Gegenteil. Dänische Epidemiologen vergleichen
Krankenhauseinweisungen in den Jahren 1989 bis 1993 und 1977 bis 1988. Dabei finden sie eine Zunahme bei 15- bis 49-jährigen Frauen wegen
venöser Thromboembolien um 16%, nicht dagegen bei gleichaltrigen Männern. Der Anstieg korreliert augenfällig mit dem zunehmenden Gebrauch
Desogestrel- oder Gestoden-haltiger oraler Kontrazeptiva im selben Zeitraum.1 Andere Autoren beschrieben bereits 1996 eine geringe, aber signifikante
Zunahme der Thromboemboliesterblichkeit bei Frauen zu Beginn der 90er Jahre (a-t 8 [1996], 75).2,3
Die Ergebnisse stützen den Befund von vier Fallkontrollstudien, nach denen Drittgenerationspillen das Risiko thromboembolischer Komplikationen
gegenüber solchen der zweiten Generation (z.B. mit Levonorgestrel [MICROGYNON u.a.]) etwa verdoppeln (a-t 2
[1996], 17). Für britische Produktinformationen ist ein Warnhinweis vorgesehen, der die Frauen über die Größenordnung des Risikoanstiegs
aufklärt: Von 100.000 Frauen müssen pro Jahr fünf Nicht-Pillenverwenderinnen mit einem thromboembolischen Ereignis rechnen, unter Kontrazeptiva
der zweiten Generation sind es 15, unter solchen der dritten Generation 25.4
Das von interessierter Seite vorgebrachte Argument, Pillen der dritten Generation senkten das Herzinfarktrisiko gegenüber den älteren Präparaten,
lässt sich nicht erhärten. Eine große, gut angelegte britische Fallkontrollstudie findet keinen signifikanten Risikoanstieg unter oralen Kontrazeptiva und
keinen Unterschied zwischen den beiden Pillengenerationen.5
FAZIT: Kontrazeptiva der dritten Generation wie FEMOVAN und MARVELON wirken trotz gegenteiliger Behauptungen von Firmen und deren Gutachtern
thrombogener als solche der zweiten Generation. Auch wenn der absolute Risikoanstieg gering ist, fällt die Nutzen-Risiko-Bilanz für diese Pillen negativ
aus, weil es die verträglicheren Alternativen gibt. Hinsichtlich Herzinfarktrate lässt sich kein Unterschied zwischen den "Generationen"
sichern.
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