Einfallstore der Korruption - Berufsverbände Hand in Hand mit Pharmaherstellern: "Ein Berufsverband lässt sich von der
Pharmaindustrie im Marketing einspannen," kommentiert ein Allgemeinarzt aus Bremen den Fragebogen zu Saccharomyces boulardii (PERENTEROL u.a.), den
der Sächsische Berufsverband der Fachärzte für Allgemeinmedizin e.V. bundesweit verbreitet. Im Anschreiben behauptet der Vorsitzende, dass in der
Behandlung akuter infektiöser Diarrhöen "nicht zuletzt durch den Einsatz der ,medizinischen Hefe' Saccharomyces boulardii erhebliche
therapeutische Fortschritte erzielt" wurden (Dr. D. STURM, Sächs. Berufsverb. d. Fachärzte f. Allgemeinmed. e.V.: undatiertes Anschreiben). Dann
folgt Herstellerwerbung in Form suggestiver Abfragen nach dem Motto: "Der BDA ... empfiehlt Saccharomyces boulardii ... zur symptomatischen Behandlung der
Diarrhoe." Stimmen Sie dieser Empfehlung voll, weniger oder überhaupt nicht zu? Dass für das Hefemittel den heutigen Anforderungen
entsprechende klinische Wirksamkeitsbelege fehlen (a-t 1998; Nr. 1: 3-9), bleibt unerwähnt. Ebenso vermissen
wir den Hinweis auf die Beobachtung, dass S. boulardii auf Intensivstationen als Ursache für Pilzsepsis identifiziert wurde (PIARROUX, R. et al.: Lancet 1999;
353: 1851-2). Der distanzlose Einsatz des BDA für Hersteller wurde bereits von der Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft gerügt, weil
der Verband Leitlinien im Vorfeld der Erarbeitung über die Firma Kybermed Pharmaherstellern angeboten hat, damit die Manuale im Rahmen des Marketings
genutzt werden können (MÜLLER-OERLINGHAUSEN, B., zit. n. Ärzte Ztg. vom 22. Nov. 1999). Firmengelder scheinen manchen
Berufsverbänden wichtiger zu sein als Unabhängigkeit. So bedankte sich jüngst der Berufsverband Deutscher Nervenärzte (BVDN) "sehr
herzlich bei Schering". Die Firma hat für Kollegen eine "größere Anzahl von ISDN-Anschlüssen übernommen" (CARL, G.,
KLEINKNECHT, R.: NeuroTransmitter 1999; Nr. 6: 18). Solche Maßnahmen, die letztlich durch überhöhte Arzneimittelpreise bzw. von Ärzten
über Budgetrückzahlungen finanziert werden, sollen Verbände oder einzelne Kollegen an Firmen binden und zu Werkzeugen des Marketings
degradieren, anscheinend mit Erfolg (vgl. a-t 1999; Nr. 1: 1-2), -Red.
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