Die Cox-2-Hemmer Rofecoxib (VIOXX) und Celecoxib (CELEBREX) sollen magenverträglicher sein. Diese Behauptung basiert in erster Linie auf
theoretisch pharmakologischen Erwägungen und dem Vergleich endoskopisch nachgewiesener Schleimhautläsionen - einem Surrogatparameter
zweifelhafter Relevanz. Einen Beleg, dass klinisch bedeutsame Komplikationen seltener vorkommen, blieben die Hersteller bislang schuldig (a-t 1999; Nr. 12: 123-4, 2000; 31: 50-1).
Zwei große Studien sollen jetzt die Zweifel ausräumen: In VIGOR* nehmen rund 8.000 Patienten mit rheumatoider Arthritis 50 mg
Rofecoxib (keine zugelassene Indikation) oder 1.000 mg Naproxen (PROXEN u.a.) ein. Jeder Zweite führt die Behandlung länger als neun
Monate fort. Rofecoxib halbiert das Risiko gesicherter Komplikationen am oberen Magen-Darm-Trakt von 3% auf 1,4% (Ulkus, Blutung, Perforation, Obstruktion, NNT
= 63 für die angegebene Studiendauer). Die Risikominderung beruht auf der Verringerung von Geschwüren und Blutungen, während Perforationen
und Obstruktionen unter beiden Mitteln gleich selten vorkommen. In beiden Gruppen scheidet jeder Sechste wegen Unverträglichkeit vorzeitig aus.3
Das Studiendesign halten wir für problematisch: Die Patienten haben monatelang täglich 1.000 mg Naproxen eingenommen. Die NSAR-Dosis sollte aber
in Abhängigkeit von der entzündlichen Aktivität gewählt werden. Das Vorgehen widerspricht daher dem therapeutischen Prinzip, die niedrigste
wirksame Dosis zu wählen (a-t 2000; 31: 91-2, 97). Ältere
Patienten sollen NSAR nur in halber Dosierung erhalten.4 Auch Rofecoxib ist mit 50 mg doppelt so hoch dosiert wie (bei Arthrose) zugelassen. Nach einer
plazebokontrollierten Untersuchung lässt sich auch bei rheumatoider Arthritis mit 25 mg ein maximaler Effekt erzielen.3 Klinische Vergleichsstudien zur
Wirksamkeit von Rofecoxib bei dieser Indikation sind bislang nicht vollständig veröffentlicht. Die VIGOR-Studie eignet sich nicht als Nutzenbeleg.
Unter Rofecoxib erleiden viermal so viele Personen einen Herzinfarkt wie unter Naproxen (0,4% vs. 0,1%, NNH = 333; a-t
2000; 31: 46). Die Autoren argumentieren, dass einige Teilnehmer niedrig dosierte Azetylsalizylsäure (ASS; ASPIRIN u.a.) hätten einnehmen
müssen, was aber verboten war.3 Diese Personen hätten nicht an der Studie teilnehmen dürfen.
Wie sich die zusätzliche Einnahme von ASS auf gastrointestinale Komplikationen auswirken kann, zeigt die CLASS**-Studie5: Knapp 8.000
Patienten, davon über 70% mit Arthrose, nehmen täglich 800 mg Celecoxib, 2.400 mg Ibuprofen (BRUFEN u.a.) oder 150 mg Diclofenac
(VOLTAREN u.a.) ein, gut die Hälfte für insgesamt sechs Monate. Die Dosierungen sowohl von Celecoxib als auch der klassischen NSAR sind also
wieder für die Mehrzahl der Teilnehmer zu hoch und als Dauermedikation ungeeignet, zumal fast 40% der Patienten über 65 Jahre alt sind. Die Rate
gastrointestinaler Blutungen, Perforationen und Obstruktionen sinkt unter Celecoxib zwar von 1,5% auf 0,8%. Statistische Signifikanz wird jedoch nur für die
(vorher definierte) Untergruppe von Patienten erzielt, die nicht zusätzlich niedrig dosiertes ASS (100 mg bis 325 mg/Tag) einnehmen. Bei gleichzeitiger
Einnahme von ASS unterscheidet sich die Gefährdung unter Celecoxib im Vergleich zu Ibuprofen und Diclofenac praktisch nicht (jeweils 2%). Bei einem
Großteil derjenigen, die ein hohes Risiko für gastrointestinale Komplikationen haben, dürfte jedoch auch die kardiovaskuläre Indikation für
ASS vorliegen.
FAZIT: Für Cox-2-Hemmer und Standard-NSAR fehlen Verträglichkeitsvergleiche in Dosierungen, die den therapeutischen Erfordernissen angepasst
sind. Stattdessen wurden ausschließlich Hochdosierungen untersucht. Bei Patienten mit rheumatoider Arthritis (keine zugelassene Indikation) halbiert Rofecoxib
(VIOXX) in einer Studie das Risiko von Magen-Darm-Komplikationen. Andererseits erleiden mehr Personen einen Herzinfarkt - möglicherweise wegen der nicht
gestatteten Einnahme niedrig dosierter Azetylsalizylsäure (ASS; ASPIRIN u.a.). In einer anderen Studie schädigt Celecoxib (CELEBREX) den Magen-
Darm-Trakt ebenfalls geringer als Standard-NSAR - jedoch nur bei Personen, die kein ASS einnehmen. ASS dürfte aber gerade für viele erforderlich sein,
die auch ein höheres Risiko gastrointestinaler Komplikationen haben. Ob die bessere Verträglichkeit bei Personen, die kein ASS einnehmen, auch beim
Vergleich niedrigerer Dosierungen Bestand hat, bleibt zu prüfen.
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