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Therapiekritik

INFLIXIMAB (REMICADE) BEI M. CROHN: STELLENWERT WEITERHIN UNSICHER

Infliximab (REMICADE), ein Antikörper gegen Tumornekrosefaktor alpha, ist bei aggressiven Verlaufsformen des aktiven Morbus CROHN zugelassen, die auf Kortikosteroide oder andere Immunsuppressiva nicht hinreichend ansprechen (vgl. a-t 1999; Nr. 1: 17). Bei einem Großteil der Patienten bringt eine Infusion (4.680,50 DM*) rasch klinische Besserung: Bei bis zu 90% wird kurzzeitig Remission erzielt. Die Beschwerden kehren jedoch nach wenigen Wochen zurück. In einer unkontrollierten Studie erleiden 90% innerhalb von 16 Wochen einen Rückfall.1

Der Nutzen einer Erhaltungstherapie ist selbst laut Fachinformation ungesichert.2 Bisher liegt dazu nur eine kleine Studie mit 73 Patienten vor. Danach soll sich die Remission durch Infusion von 10 mg/kg Körpergewicht (KG) alle acht Wochen bei etwa der Hälfte der Anwender über 36 Wochen aufrechterhalten lassen, im Vergleich zu 20% unter Plazebo.3 Fehlende Angaben zum primären Endpunkt und zur Fallzahlkalkulation, Ergebnismitteilung fast ausschließlich in Prozent sowie fehlende Intention-to-Treat-Analyse schränken die Aussagekraft dieser Untersuchung erheblich ein. Für den Nutzen einer Erhaltungstherapie bei Fisteln gibt es keine Belege.4

Das Risiko immunogener Reaktionen einschließlich Entwicklung von Autoantikörpern (Anti-ds-DNA, ANA) und Antikörpern gegen Infliximab kann unter wiederholter Anwendung zunehmen. Nach einer Therapiepause von zwei bis vier Jahren löst die Infusion bei 10 (25%) von 40 Patienten Serumkrankheit mit Myalgie, Arthralgie, Fieber, Hautausschlag, Gesichtsödem u.a. aus.4,5 Von erneuter Anwendung nach mehr als 14 Wochen rät der Hersteller ab.2 Infliximab steigert das Risiko bakterieller Infektionen, insbesondere der Atemwege. Da inzwischen 28 Erkrankungen an Tuberkulose (zum Teil Miliar- Tbc oder ungewöhnliche extrapulmonale Lokalisation) unter der Therapie beschrieben sind, darf Infliximab nur noch nach Untersuchung auf aktive oder latente Tbc verwendet werden.6 Es ist zudem nicht auszuschließen, dass der Antikörper die Entwicklung maligner Tumoren begünstigt, insbesondere von Lymphomen.

Die Wirksamkeit der Erhaltungstherapie bei schwerer rheumatoider Arthritis ist durch eine Phase-III-Studie über 30 Wochen etwas besser belegt. Etwa die Hälfte der Patienten profitiert von 3 mg Infliximab pro kg KG alle acht Wochen zusätzlich zu Methotrexat (LANTAREL u.a.) im Sinne einer klinischen Besserung von mindestens 20%.7 Infliximab scheint auch Gelenkdestruktionen vorzubeugen.8 Die Langzeitsicherheit ist auch hier ungeklärt.

FAZIT: Der Tumornekrosefaktor-α-Antikörper Infliximab (REMICADE) kann bei schwerem Morbus CROHN kurzfristig Besserung bringen. Die Beschwerden kehren jedoch bei den meisten Patienten rasch zurück. Der Nutzen einer Erhaltungstherapie ist nicht hinreichend belegt, die Langzeitsicherheit nicht geklärt.



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Für 5 mg Infliximab pro kg bei einem Körpergewicht von 60 kg.

© 2001 arznei-telegramm

Autor: Redaktion arznei-telegramm - Wer wir sind und wie wir arbeiten

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