Lithium (QUILONUM u.a.) gilt als Mittel der Wahl zur Behandlung und Prophylaxe der Manie. Allerdings sprechen 20% bis 40% der Patienten
unzureichend auf eine Monotherapie an, bei raschem Phasenwechsel oder manisch-depressiven Mischzuständen sogar 72% bis 82%. Häufig werden
zusätzlich Neuroleptika und Benzodiazepine erforderlich. Verschiedene Antiepileptika wie Carbamazepin (TEGRETAL u.a.) oder Valproat (ERGENYL u.a.)
befinden sich hierfür in klinischer Erprobung.
In Österreich, der Schweiz, den USA u.a. ist Valproat bereits zur Therapie der akuten Manie zugelassen, nicht aber in Deutschland. Desitin scheint sich
hierzulande um die entsprechende Zulassung von ORFIRIL zu bemühen,1 Novartis und Sanofi für LEPTILAN bzw. ERGENYL anscheinend
jedoch nicht.
In einer US-amerikanischen Leitlinie werden Lithium oder Valproat gleichrangig empfohlen.2 Die Anfangsdosierung liegt zwischen 600 und 1.500 mg
Valproat täglich (angestrebte therapeutische Serumspiegel zwischen 50 und 125 mg/l).3 Der Wirkmechanismus bei Manie ist unzureichend
geklärt. Valproat erhöht präsynaptische Konzentrationen des hemmenden Neurotransmitters Gamma-Aminobuttersäure (GABA) und soll so die
Stimmung stabilisieren.
In einer randomisierten Studie nehmen 179 Patienten mit akuter Manie drei Wochen lang Valproat, Lithium oder Plazebo ein.4 Bei 48% der
Valproat-Anwender bessert sich die Symptomatik gemessen an der Mania Rating Scale innerhalb von zehn Tagen um mindestens 50%. Die Ansprechrate liegt damit
höher als unter Plazebo (25%), unterscheidet sich jedoch nicht von Lithium (49%). Der Therapieerfolg scheint dabei nicht von früherem Ansprechen auf
Lithium, raschem Phasenwechsel oder der Anzahl vorangegangener manischer Episoden abzuhängen.5 Mehrere kleine Untersuchungen bringen
ähnliche Ergebnisse.6,7 Die therapeutische Gleichwertigkeit von Valproat und Lithium ist jedoch nicht hinreichend belegt.
Durch Kombination von Neuroleptikum und Valproat lässt sich in einer Studie mit 136 Patienten schneller Besserung erzielen als mit einem Neuroleptikum
allein.8 Unter Valproat werden zudem weniger Neuroleptika und Benzodiazepine gebraucht. Kontrollierte Untersuchungen zur Kombination von Lithium und
Valproat in der Akuttherapie gibt es offenbar nicht.
Der Nutzen des Antiepileptikums zur Vorbeugung manischer Phasen ist nicht gesichert. In einer Studie mit 372 Patienten besteht kein Unterschied zu
Plazebo.9 Mehrere kleine, zum Teil unkontrollierte Untersuchungen lassen einen Nutzen der Kombination mit Lithium vermuten.10 Besonders
Patienten mit raschem Phasenwechsel und manisch-depressiven Mischzuständen sollen profitieren.11 Allerdings fehlen hinreichend große
randomisierte Studien, die einen Wirkvorteil gegenüber der Monotherapie mit Lithium belegen.10 Untersuchungen zum Einfluss von Valproat auf die
Suizidalität dieser besonders gefährdeten Patientengruppe (Selbstmordrate über 15%) gibt es nicht. Für Lithium ist ein antisuizidaler Effekt
beschrieben.12
Valproat löst bei fast der Hälfte der Patienten zentralnervöse Störwirkungen wie Tremor oder Sedierung aus. Magen-Darm-
Effekte wie Übelkeit (bis 42%), Erbrechen (bis 14%) und Durchfall (bis 35%) kommen häufig vor. Bei Langzeiteinnahme treten vermehrt Gewichtszunahme
(bei über 20%), Haarausfall (bis 16%) und Tinnitus (bis 6%) auf. Aus der Behandlung der Epilepsie sind schwere, zum Teil tödlich verlaufende
Anwendungsfolgen wie Pankreatitis (a-t 1994; Nr. 3: 30-1) und Hepatitis bekannt. Hormonelle Störungen wie
Zyklusanomalien, polyzystische Ovarien, Gynäkomastie (a-t 1998; Nr. 3: 31-2) und Impotenz (a-t 1996; Nr. 11: 115) sind beschrieben. Valproat wirkt teratogen.
Lithium (QUILONUM u.a.) bleibt Mittel der Wahl bei Manie.
Valproat (ERGENYL u.a.) bessert die Symptomatik akuter Manie bei jedem zweiten
Patienten. Gleichwertigkeit oder ein Vorteil gegenüber Lithium ist jedoch nicht belegt.
Bei Versagen oder Unverträglichkeit von Lithium kann das Antiepileptikum eine
sinnvolle Alternative sein.
Valproat beugt manischen Phasen nach bisherigen Daten nicht besser vor als ein
Scheinmedikament.
In Deutschland ist Valproat nicht zur Therapie der Manie zugelassen (wohl aber in
Österreich, der Schweiz u.a.). Patienten sind daher schriftlich über Nutzen und Risiken des Therapieversuches zu informieren - auch zur Absicherung des
verordnenden Arztes.
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