Kann Ibuprofen (BRUFEN u.a.) die gerinnungshemmende Wirkung von ASS beeinträchtigen? Azetylsalizylsäure (ASS;
ASPIRIN u.a.) hemmt die Thrombozytenaggregation, indem sie die Synthese von Thromboxan A2 durch Azetylierung der Zyklooxygenase (Cox) 1 irreversibel
blockiert. Thromboxan kann erst wieder durch neu entstehende Plättchen gebildet werden. Thrombozyten erneuern sich mit einer Rate von 10% pro Tag.
Andere nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) binden reversibel an Cox 1. Sie hemmen die Thromboxansynthese daher analog zur Halbwertszeit nur für eine
begrenzte Zeit nach der Einnahme. Eine US-amerikanische Arbeitsgruppe unter Federführung einer MSD-Mitarbeiterin untersucht jetzt die Frage einer
kompetitiven Interaktion zwischen ASS und anderen NSAR, die sich aus den nahe beieinander liegenden Bindungsstellen am Enzym ergeben könnte. In einer
randomisierten Studie mit gesunden Freiwilligen hemmt Ibuprofen (BRUFEN u.a.) den irreversiblen ASS-Effekt (gemessen unter anderem an der
Plättchenaggregation in vitro), wenn es bei einmal täglicher Anwendung zwei Stunden vor, nicht dagegen wenn es zwei Stunden nach ASS
eingenommen wird. Das Analgetikum Parazetamol (BENURON u.a.), das NSAR Diclofenac (VOLTAREN u.a.) und der Cox-2-Hemmer Rofecoxib (VIOXX) blockieren
den ASS-Effekt dagegen nicht. Wird Ibuprofen kontinuierlich dreimal täglich dosiert, schützt die Reihenfolge der Einnahme (ASS vor Ibuprofen) jedoch
nicht davor, dass die Thrombozytenaggregation nach sechs Tagen nur noch zu weniger als 10% gehemmt ist. Dagegen lässt Diclofenac auch bei zweimal
täglicher Einnahme die gerinnungshemmende ASS-Wirkung unbeeinflusst (CATELLA-LAWSON, F. et al.: N. Engl. J. Med. 2001; 345: 1809-17). Studien, die die
klinische Bedeutung dieser Interaktion untersuchen, gibt es nicht. Wenn regelmäßig ein NSAR gebraucht wird und gleichzeitig Low-dose-ASS angezeigt
ist, erscheint es bei der gegenwärtigen Datenlage sinnvoll, Diclofenac dem Ibuprofen vorzuziehen. Rofecoxib kommt unseres Erachtens als Alternative nicht in
Betracht, da es im Verdacht steht, thrombotische kardiovaskuläre Komplikationen zu begünstigen (a-t 2001; 32:
87-8), -Red.
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