Sexualhormone nach den Wechseljahren: kein Einfluss auf Lebensqualität älterer Frauen: Nach der im vergangenen Sommer
vorzeitig abgebrochenen WHI*-Studie überwiegt bei Langzeiteinnahme von Sexualhormonen nach den Wechseljahren der Schaden den Nutzen. Die Hormone
erhöhen das Herzinfarkt-, Schlaganfall-, Thromboembolie- und Brustkrebsrisiko. Knochenbrüche und Darmkrebserkrankungen sind zwar seltener, die
Nutzen-Schaden-Bilanz ergibt jedoch einen zusätzlichen schwerwiegenden Gesundheitsschaden pro 100 Frauen in fünf Jahren (a-t 2002; 33: 81-3). In einer Nachauswertung der WHI-Studie wird der Einfluss der Hormone auf die Lebensqualität
untersucht. Alle 16.608 im Mittel 63 Jahre alten Frauen, die an dem gestoppten Studienarm teilgenommen haben, haben zu Beginn und nach einem Jahr einen
Fragebogen zu Aspekten der Lebensqualität, darunter Schlafstörungen, Menopausen-Symptome, sexuelle Zufriedenheit, kognitive Funktion sowie
depressive Verstimmung, ausgefüllt. Eine zufällig ausgewählte Untergruppe von knapp 10% der Teilnehmerinnen wird nach drei Jahren noch einmal
befragt. Nach einem Jahr hat die Hormontherapie nur in 3 von insgesamt 13 Tests einen signifikanten Effekt - die Unterschiede zur Plazebogruppe sind aber so klein,
dass sie als klinisch irrelevant bewertet werden müssen: bei Schlafstörungen durchschnittlich 0,4 Punkte auf einer 20-Punkte-Skala, bei körperlichem
Funktionszustand 0,8 Punkte und bei Schmerzen 1,5 Punkte jeweils auf einer 100-Punkte-Skala. In der Subgruppe, die nach drei Jahren erneut befragt wird, ergibt
sich überhaupt kein Unterschied mehr in der Lebensqualität. Nur bei den Frauen, die zu Studienbeginn unter Hitzewallungen und nächtlichem
Schwitzen leiden (12%), hat die Hormontherapie nach einem Jahr einen klaren Vorteil, allerdings bei ausgeprägtem Plazeboeffekt: Unter der Hormoneinnahme
bessern sich Nachtschweiß und Hitzewallungen bei 71% bzw. 77% im Vergleich zu 53% bzw. 52% unter Plazebo (HAYS, J. et al.: N. Engl. J. Med. 2003; 348:
1839-54). Zu ähnlichem Ergebnis kommt die Sekundärpräventionsstudie HERS* (a-t 1998; Nr. 9: 83
und 2002; 33: 81-3). Auch hier ergibt sich in der Gesamtgruppe kein Einfluss der Hormonbehandlung auf die
Lebensqualität. Während Frauen, die zu Studienbeginn unter Hitzewallungen leiden, hinsichtlich ihrer emotionalen Befindlichkeit offenbar von
den Hormonen profitieren, scheint sich die Lebensqualität von Frauen ohne diese Beschwerden durch Hormone sogar zu verschlechtern (HLATKY, N.A. et al.:
JAMA 2002; 287: 591-7). Anders als vielfach propagiert, ist nach diesen Ergebnissen ein über die Linderung von Wechseljahresbeschwerden hinausgehender
positiver Einfluss von Sexualhormonen auf die Lebensqualität unwahrscheinlich, auch wenn man berücksichtigt, dass die Studien nicht primär auf
diesen Parameter angelegt waren, -Red.
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