Das britische Committee on Safety of Medicines (CSM) setzt jetzt ein Expertengremium ein, das die Sicherheit des selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmers
(SSRI) Paroxetin (SEROXAT) prüfen soll.1 Entzugserscheinungen sind für rasch eliminierte SSRI wie Paroxetin und Venlafaxin (TREVILOR)
inzwischen gut bekannt (a-t 1998; Nr. 2: 14 und 1999; Nr. 4: 48). Die
Häufigkeit von Suiziden in Verbindung mit Paroxetin scheint jedoch höher zu sein als bislang angenommen.
Anlass für die neue Risikobeurteilung ist ein BBC-Fernsehbericht, der Reaktionen von Patienten auf eine zuvor gesendete Dokumentation zu den
unerwünschten Wirkungen von Paroxetin zum Thema hatte. 1.374 E-Mails von Betroffenen oder deren Angehörigen wurden ausgewertet - ein
ungewöhnlicher Ansatz, Näheres zu den Risiken eines Arzneimittels zu erfahren.2 Die BBC-Aktion hat Hinweise auf 16 Suizide und 47
Suizidversuche in Verbindung mit Paroxetin ergeben. 11 Suizide erfolgten in den vergangenen zwei Jahren. In diesem Zeitraum wurden über das übliche
Spontanerfassungssystem in Großbritannien nur 7 Suizide gemeldet.3 Die E-Mails sollen jetzt auch von der CSM-Expertengruppe ausgewertet
werden.1 Diese musste allerdings bereits neu zusammengesetzt werden, da zwei der vier Mitglieder des ersten Gremiums wegen Besitzes von Aktien des
SEROXAT-Herstellers GlaxoSmithKline einem Interessenkonflikt unterliegen.4
Soeben warnt das CSM vor der Verordnung von Paroxetin an Kinder und Jugendliche. Obwohl der SSRI für diese Altersgruppe nicht zugelassen ist, wird er
diesen verschrieben. Nach Auswertung neuer Daten gibt es keinen Beleg für die antidepressive Wirksamkeit bei Kindern und Jugendlichen. Im Vergleich zu
Plazebo nimmt jedoch die Häufigkeit von Selbstgefährdung und Suizidalität auf das 1,5-3,2fache zu.5
In der deutschen Fachinformation zu SEROXAT wird Suizidalität unter "Nebenwirkungen" nicht erwähnt. Der Hinweis: "Paroxetin wirkt
nicht allgemein dämpfend. Gegebenenfalls kann bei akut suizidgefährdeten Patienten ... eine allgemein dämpfende Zusatztherapie erforderlich
sein"6 verschleiert den Gefährdungsgrad: Unter der Therapie kommt es häufig zur ZNS-Stimulation mit Nervosität (6-9%),
Erregungszustand (5%) und Persönlichkeitsstörungen (3%).7 Dies erfordert bei den ohnehin stärker suizidgefährdeten depressiven
Patienten strenge Indikationsstellung und insbesondere in der Anfangsphase der Therapie engmaschige Verlaufskontrollen.
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