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                            a-t 2004; 35: 37-8nächster Artikel
Im Blickpunkt

ADJUVANTE BRUSTKREBSTHERAPIE: FRÜHZEITIG AUF EXEMESTAN WECHSELN?

Im Juni 2002 wurden erstmals Ergebnisse einer adjuvanten* hormonellen Brustkrebstherapie mit einem Aromatasehemmer der 3. Generation bekannt (ATAC**-Studie). Anastrozol (ARIMIDEX) beeinflusst demnach das krankheitsfreie Überleben geringfügig, aber signifikant besser als das Standardmittel, das Antiöstrogen Tamoxifen (NOLVADEX u.a.).1 Die Nachbeobachtungszeit von 2,8 Jahren ist für eine definitive Beurteilung jedoch zu kurz. Da der klinische Nutzen von Tamoxifen bis zu fünf Jahre lang mit der Dauer der Einnahme zunimmt, ist nicht auszuschließen, dass Anastrozol trotz des initialen Vorteils nach dieser Zeit schlechter abschneidet als das Antiöstrogen.2 Ergebnisse nach längerem Follow up aus der noch nicht abgeschlossenen Studie stehen aus. Die Sterblichkeit unterscheidet sich zum Publikationszeitpunkt nicht.1 Das im Unterschied zu Aromatasehemmern hinsichtlich seiner mortalitätssenkenden Wirksamkeit gut dokumentierte Tamoxifen bleibt in Leitlinien auch unter Berücksichtigung der neuen Daten Mittel der Wahl (a-t 2002; 33: 93-4).2,3

Gut ein Jahr später werden erneut wenig aussagekräftige Ergebnisse aus einer vorzeitig gestoppten Studie publiziert, diesmal zu Letrozol (FEMARA). Im Anschluss an eine fünfjährige adjuvante Tamoxifen-Therapie eingenommen, senkt Letrozol innerhalb von 2,4 Jahren ebenfalls die Rezidivrate gegenüber Plazebo, ohne dass ein signifikanter Einfluss auf die Sterblichkeit belegt ist (a-t 2003; 34: 99- 100).4

Jetzt liegen die vorzeitig publizierten Daten einer dritten Studie vor, die den steroidalen Aromatasehemmer Exemestan (AROMASIN) prüft. 4.742 durchschnittlich 64 Jahre alte Frauen, die nach operativer Entfernung eines Mammakarzinoms mit positivem oder unbekanntem Östrogenrezeptorstatus im Rahmen der adjuvanten Therapie mindestens zwei bis höchstens drei Jahre lang Tamoxifen eingenommen haben und darunter rezidivfrei geblieben sind, werden in die von Pfizer gesponserte doppelblinde Studie aufgenommen. Nach randomisierter Zuteilung setzen sie entweder die Tamoxifen-Therapie fort (meist täglich 20 mg) oder wechseln zu Exemestan (täglich 25 mg). Wie in den beiden anderen Studien ist der primäre Endpunkt das krankheitsfreie Überleben, definiert als Zeit bis zum Eintritt von Lokalrezidiv oder Fernmetastasen, Diagnose eines zweiten Mammakarzinoms oder Tod. Die Ergebnisse der zweiten Zwischenanalyse nach 2,6 Jahren werden jetzt so überstürzt publiziert, dass nicht einmal die Auswertung der Störwirkungen abgeschlossen ist.5

Unter Exemestan erleiden 7,7% (183 von 2.362) der Frauen ein Rezidiv, einen Zweittumor oder versterben im Vergleich zu 11,2% (266 von 2.380) unter Tamoxifen. Das absolute Risiko des kombinierten Endpunkts wird um 3,5% gesenkt. Es profitiert demnach eine von 29 Frauen. Die Sterblichkeit unterscheidet sich nicht (3,9% vs. 4,5%). Ein Vorteil ist laut Subgruppenanalysen bei Frauen mit und ohne Lymphknotenbefall feststellbar, jedoch nur bei bekanntem positiven Östrogenrezeptorstatus. Im Exemestan-Arm treten auch andere Primärtumoren insgesamt seltener auf, darunter insbesondere Endometrium- und Lungenkrebs sowie Melanome. Abgesehen von Endometriumkarzinomen, einem bekannten Risiko von Tamoxifen, ist dieser Befund erklärungsbedürftig und möglicherweise zufällig.

Exemestan geht nach den vorläufigen Risikodaten signifikant häufiger mit Sehstörungen (7,4% vs. 5,7%), Arthralgien (5,4% vs. 3,6%) und Durchfall (4,3% vs. 2,3%) einher. Numerisch häufiger sind auch Herzinfarkte (1% vs. 0,4%), andere kardiovaskuläre Erkrankungen (43% vs. 39%) und Hitzewallungen (42% vs. 40%) sowie Osteoporose (7,4% vs. 5,7%) und Frakturen (3,1% vs. 2,1%). Thromboembolische Ereignisse (1,3% vs. 2,4%), gynäkologische Symptome (5,8% vs. 9%) sowie Muskelkrämpfe (2,8% vs. 4,4%) sind unter Exemestan signifikant seltener. Numerisch kommen auch vaginale Blutungen (4% vs. 5,5%) seltener vor.

Wie ein begleitendes Editorial6 zu Recht fordert, muss die Frage des Publikationszeitpunktes von Studien zur adjuvanten Brustkrebstherapie neu überdacht werden. Die 30-Monats-Daten aus den drei Aromatasehemmer-Studien ermöglichen keine aussagefähige Nutzen-Risiko-Analyse. Die wichtigste Frage, ob die Mittel die Überlebenschance bei Brustkrebs verbessern, bleibt offen. Ihre Langzeittoxizität lässt sich nicht beurteilen. Hinzu kommt, dass die frühzeitige Veröffentlichung "unreifer" Daten auch die zukünftige Klärung dieser Fragen gefährdet. In der Exemestan-Studie selbst ist ein umfangreiches Cross over zwar nicht mehr zu befürchten, da 90% der Frauen die vorgesehene Therapie - fünf Jahre Tamoxifen oder eine entsprechend lange Sequenztherapie - bereits abgeschlossen haben. Studien mit Anastrozol und Letrozol zur gleichen Fragestellung sind jetzt aber gefährdet.6

Fünf Jahre Tamoxifen sind unseres Erachtens nach wie vor Standard in der adjuvanten hormonellen Brustkrebstherapie. Ein Wechsel zu der (dafür nicht zugelassenen) Therapie mit Exemestan kommt in Betracht, wenn nach zwei- bis dreijähriger Einnahme von Tamoxifen schwere unerwünschte Wirkungen auftreten.

Für täglich 25 mg Exemestan ist mit monatlichen Kosten von 168 € mehr als das Zwanzigfache eines günstigen Tamoxifen-Generikums aufzuwenden (z.B. TAMOX 20 1A PHARMA; 7 €/Monat für täglich 20 mg).

Als Fortsetzung einer zwei- bis dreijährigen adjuvanten Therapie mit Tamoxifen (NOLVADEX u.a.) senkt der steroidale Aromatasehemmer Exemestan (AROMASIN) innerhalb von 2,6 Jahren die Rate der Rezidive und Zweittumoren bei primär operablem Brustkrebs nach den Wechseljahren.

Ein Einfluss auf die Sterblichkeit ist nicht belegt.

Langzeittoxizität und optimale Dauer der Sequenztherapie sind nicht bekannt.

Beim derzeitigen Kenntnisstand erachten wir nach wie vor eine fünfjährige adjuvante Therapie mit Tamoxifen als Standard. Ein Wechsel auf das für diese Indikation nicht zugelassene Exemestan ist nur bei schweren Nebenwirkungen von Tamoxifen begründbar.

Exemestan kostet mehr als das Zwanzigfache eines preiswerten Tamoxifen-Generikums.

© 2004 arznei-telegramm

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