Das Antiöstrogen Tamoxifen (NOLVADEX u.a.) senkt bei Frauen vor und nach den Wechseljahren Rückfallrate und Sterblichkeit bei
lokalisiertem Brustkrebs mit positivem oder unbekanntem Hormonrezeptorstatus.1 Die Rezidivrate nach Abschluss der adjuvanten Therapie ist mit
jährlich 2% bis 3%2 dennoch beträchtlich. Die durch fünfjährige Tamoxifeneinnahme erzielte Wirksamkeit lässt sich aber
offensichtlich nicht weiter steigern. Nach derzeitigem Kenntnisstand bringt eine Verlängerung keinen zusätzlichen Nutzen, sondern scheint sogar zu
schaden, möglicherweise wegen Entwicklung einer Abhängigkeit des Tumors von den partiellen östrogen-agonistischen Effekten des Mittels (a-t 1996; Nr. 1: 14 und 2001; 32: 62).
In mehreren randomisierten kontrollierten Studien wird inzwischen geprüft, ob eine Anschlusstherapie mit Aromatasehemmern wie Anastrozol (ARIMIDEX) oder
Letrozol (FEMARA) die Rezidivrate und Sterblichkeit weiter senken kann.3 Aromatasehemmer blockieren in peripheren Geweben die Umwandlung von
Androgenen in Östrogene und damit den Hauptweg der Östrogensynthese nach den Wechseljahren. Vor der Menopause sind Aromatasehemmer allein
unwirksam. Sie sind bisher nur bei fortgeschrittenem Brustkrebs zugelassen, Anastrozol auch zur adjuvanten Behandlung, wenn Tamoxifen kontraindiziert ist. In
einem noch nicht abgeschlossenen direkten Vergleich von Anastrozol mit Tamoxifen als primäre adjuvante Therapie nimmt nach einer Zwischenauswertung die
krankheitsfreie Überlebenszeit unter Anastrozol zu, ein Vorteil im Hinblick auf die Gesamtsterblichkeit ist aber nicht belegt (a-t 2002; 33: 93-4).
Eine Studie zur adjuvanten Anschlusstherapie mit Letrozol wird jetzt aufgrund der ersten Zwischenanalyse nach im Median 2,4 Jahren vorzeitig abgebrochen.
5.187 postmenopausale Frauen mit Hormonrezeptor-positivem (98%) Brustkrebs in der Vorgeschichte nehmen an der von der Kanadischen Krebsgesellschaft, dem
Nationalen Krebsinstitut der USA und der Firma Novartis finanzierten Studie teil. Sie nehmen nach Beendigung der adjuvanten Therapie mit Tamoxifen, die 4,5 bis 6
Jahre dauerte und nicht mehr als drei Monate zurückliegt, täglich 2,5 mg Letrozol oder ein Scheinmedikament ein. Primärer Endpunkt der
ursprünglich auf vier Jahre angelegten Studie ist die Zeit bis zur Entwicklung eines lokalen Rezidivs, eines zweiten Primärtumors oder von Fernmetastasen
(krankheitsfreies Überleben). Frauen, die ohne die Diagnose einer Krankheitsprogression versterben, gehen in diese Analyse nicht ein. Zum Zeitpunkt des
Abbruchs liegt die Rezidivrate bei Einnahme von Letrozol mit 2,9% (75 von 2.575) der Frauen unter der in der Plazebogruppe (5,1%; 132 von 2.582 Frauen). Auf
dieser Basis rechnen die Autoren die Rate des krankheitsfreien Überlebens nach vier Jahren unter Letrozol auf 93% hoch, das damit signifikant höher liegt
als unter Plazebo (87%). Faktisch werden aber nur 0,4% der Teilnehmerinnen 50 Monate lang nachbeobachtet. Die unter den sekundären Endpunkten erfasste
Gesamtsterblichkeit ist zwar unter Verum numerisch ebenfalls geringer (1,2% versus 1,6% nach 2,4 Jahren), der Unterschied ist jedoch nicht signifikant.4
Hitzewallungen (47% versus 41%), Muskelschmerzen (12% versus 10%), Gelenkschmerzen (21% versus 17%) und Arthritis (6% versus 4%) sind unter Letrozol
signifikant häufiger als unter Plazebo. Numerisch häufiger kommen auch kardiovaskuläre Komplikationen und Knochenbrüche vor, bei einem
Trend zu häufigeren Osteoporosediagnosen. Vaginale Blutungen sind mit 4% versus 6% seltener. Die ebenfalls erhobenen Daten zur Lebensqualität sind
bisher nicht veröffentlicht.4
Die neuen Daten reichen nicht aus, um eine Anschlusstherapie mit Letrozol allgemein zu empfehlen. Mit dem vorzeitigen Studienstopp plus Angebot einer
Letrozoltherapie an alle Teilnehmerinnen wurde zwar eine Vorgabe des Protokolls erfüllt. Die Aussagefähigkeit der Studie wird durch den
Abbruch jedoch erheblich gemindert. Der primäre Endpunkt, das krankheitsfreie Überleben, ist ein weicher verzerrungsanfälliger Endpunkt, der keine
sichere Vorhersage der entscheidenden Frage erlaubt, ob Letrozol das Leben der Frauen verlängert. Wegen des jetzt zu erwartenden Crossovers hin zu Verum
wird sich diese Frage möglicherweise gar nicht mehr klären lassen. Dabei ist die Langzeittoxizität des Mittels unzureichend geprüft. Im
Vordergrund der Bedenken stehen Knochenbrüche und kardiovaskuläre Komplikationen. Ungeklärt ist auch die optimale Dauer der Einnahme eines
Aromatasehemmers nach Tamoxifentherapie.2,3 Der vorzeitige Abbruch könnte sich zudem auch auf den Fortgang der anderen Studien mit
Aromatasehemmern zur selben Fragestellung auswirken. Frauen, für die die (nicht zugelassene!) Behandlung in Betracht kommt, müssen vor einer
Entscheidung eingehend über den Stand der Kenntnis sowie des Nichtwissens aufgeklärt werden.
Im Anschluss an die adjuvante Tamoxifen (NOLVADEX u.a.)-Therapie
eingenommen senkt die 2,4-jährige Anwendung des Aromatasehemmers Letrozol (FEMARA) bei Frauen nach den Wechseljahren die Rezidivrate bei
Hormonrezeptor-positivem Brustkrebs.
Ob die Therapie das Leben der Frauen verlängert, ist nicht bekannt.
Ungeklärt sind auch die optimale Therapiedauer sowie die Langzeittoxizität des Aromatasehemmers. Die Einnahme geht häufig mit
Störwirkungen wie Hitzewallungen, Muskel- und Gelenkschmerzen einher.
Vor einer Entscheidung müssen die Frauen eingehend über den
Kenntnisstand zu der (nicht zugelassenen) Therapie aufgeklärt werden.
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