Nach der 2000 publizierten HOPE*-Studie1 soll Ramipril (DELIX u.a.) für ein breites Spektrum von Patienten mit koronarer
Herzkrankheit, Schlaganfall, peripherer arterieller Verschlusskrankheit oder Diabetes in der Vorgeschichte nützlich sein. Unter täglich 10 mg des ACE-
Hemmers sinken bei diesen Patienten Herzinfarkt- und Schlaganfall-Rate sowie kardiovaskuläre Sterblichkeit in fünf Jahren insgesamt von 17,8% unter
Plazebo auf 14%. Da Patienten mit Hypertonie oder linksventrikulärer Dysfunktion trotz des plazebokontrollierten Designs nicht systematisch ausgeschlossen
wurden - mehr als die Hälfte der über 9.000 Teilnehmer dürfte hypertensive Werte aufgewiesen haben -, kann die Studie einen Nutzen von Ramipril
außerhalb dieser für ACE-Hemmer etablierten Anwendungsgebiete jedoch gar nicht nachweisen. Allein die Blutdruckdifferenzen, insbesondere die
ausgeprägten nächtlichen Unterschiede aufgrund der laut Protokoll zur Nacht eingenommenen Studienmedikation, könnten die Ergebnisse
erklären.2 Trotz der zweifelhaften Beleglage diente die HOPE-Studie als Basis für neue Leitlinienempfehlungen zu ACE-Hemmern3 sowie
für eine Erweiterung der zugelassenen Ramipril-Indikationen.4 Ähnliches gilt für die EUROPA*-Studie5 mit
Perindopril (COVERSUM) bei koronarer Herzkrankheit und mehr als 12.000 Teilnehmern (a-t 2003; 34: 82-3).
Auch hier wurden Patienten mit Bluthochdruck oder asymptomatischer linksventrikulärer Dysfunktion nicht ausgeschlossen. Einnahme von Perindopril
über gut vier Jahre senkt im Vergleich mit Plazebo den Blutdruck um 5/2 mmHg und die Herzinfarktrate signifikant von 6,2% auf 4,8%.5
Die jetzt publizierte, öffentlich und durch den Hersteller unterstützte PEACE*-Studie6 prüft eine ähnliche Frage wie HOPE und
EUROPA. Mehr als 8.000 durchschnittlich 64 Jahre alte Patienten mit koronarer Herzkrankheit nach Herzinfarkt, koronarem Bypass oder Angioplastie (jeweils
mindestens drei Monate zurückliegend) oder bei angiographisch festgestellter mindestens 50%iger Stenose in einer oder mehreren Koronararterien nehmen
zusätzlich zur Standardtherapie 4,8 Jahre lang täglich Trandolapril (GOPTEN, DURIK, Zieldosis 4 mg) oder Plazebo ein. Ein wesentlicher
Unterschied zu den beiden älteren Studien ist, dass - neben dem generellen Ausschlusskriterium einer Indikation, die einen ACE-Hemmer erfordert - für die
Aufnahme der Nachweis einer linksventrikulären Auswurffraktion von über 40% bei qualitativ normalem Ventrikulogramm oder fehlenden
Auffälligkeiten der Herzwandbewegungen im Echokardiogramm erforderlich ist.6 Die Patienten der PEACE-Studie sind zudem intensiver vorbehandelt
als die in HOPE mit Betablockern bei 60% (HOPE: 40%), Thrombozytenaggregationshemmern bei 91% (HOPE: 76%) und Lipidsenkern bei 70% (HOPE: 29%). Sie
erhielten schon aufgrund der Einschlusskriterien häufig einen koronaren Bypass (39%) oder eine Angioplastie (42%; HOPE: 26% bzw. 18%).1,6 Die
entsprechenden Daten der EUROPA-Studie liegen meist dazwischen.
Auch in die PEACE-Studie werden Patienten mit Blutdruckwerten von 140/90 mmHg oder höher aufgenommen. Der Anteil scheint aber mit 42% etwas geringer
zu sein als in HOPE. Das initiale mittlere Blutdruckniveau von 133/78 in PEACE wird in den beiden älteren Studien durch ACE-Hemmertherapie erst erzielt.6
Auch die Blutdruckdifferenz zwischen Verum- und Plazebogruppe scheint mit durchschnittlich 3/1 mmHg etwas kleiner zu sein, sie wird aber in PEACE im
Unterschied zu den anderen Studien nur für einen Zeitpunkt (3 Jahre) angegeben.
Trandolapril hat keinen signifikanten Effekt, weder auf den primären Endpunkt, einer Kombination aus kardiovaskulärer Sterblichkeit, nicht tödlichem
Herzinfarkt und koronaren Revaskularisierungen (21,9% versus 22,5%; relatives Risiko [RR] 0,96; 95% Vertrauensintervall [CI] 0,88 bis 1,06), noch auf
sekundäre Endpunkte, darunter die Herzinfarktrate (jeweils 5,3%), die kardiovaskuläre Sterblichkeit (3,5% versus 3,7%) sowie die Gesamtsterblichkeit
(7,2% versus 8,1%).
Nach der PEACE-Studie hat der ACE-Hemmer Trandolapril (GOPTEN, UDRIK)
als Zusatz zur Standardtherapie keinen Nutzen bei Patienten mit koronarer Herzkrankheit, bei denen keine Herzinsuffizienz oder linksventrikuläre Dysfunktion
vorliegt.
Die Studie bekräftigt Zweifel daran, dass die HOPE- und die EUROPA-Studie
geeignet sind, eine Indikationsausweitung für ACE-Hemmer über die etablierten Anwendungsgebiete Hypertonie und Herzinsuffizienz bzw.
linksventrikuläre Dysfunktion hinaus zu begründen.
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