SILDENAFIL (REVATIO) BEI LUNGENHOCHDRUCK |
Die pulmonale arterielle Hypertonie ist charakterisiert durch Vasokonstriktion und Gefäßproliferation mit Umbau der pulmonalen
Gefäßstrombahn. Patienten mit Lungenhochdruck haben eine schlechte Prognose. Bis Ende der 80er Jahre lebte knapp 3 Jahre nach Diagnosestellung
nur noch jeder zweite Patient.1 Nur jeder zehnte spricht im Sinne einer Drucksenkung auf Vasodilatatoren an und scheint dann hinsichtlich der
Lebenserwartung von hochdosierten Kalziumantagonisten wie Nifedipin (ADALAT u.a.) oder Diltiazem (DILZEM u.a.) zu profitieren, die zusätzlich zur
Basistherapie mit Sauerstoff, Antikoagulanzien und Diuretika eingenommen werden.2 Möglicherweise weist diese Subgruppe aber bereits primär
andere Verlaufscharakteristika auf.3 Eine weitere Therapieoption ergab sich mit Einführung des Prostazyklins Epoprostenol (z.B. Schweiz: FLOLAN).
Das schwierig zu handhabende Mittel, das über einen zentralen Venenkatheter zugeführt werden sollte, erhöht im Vergleich mit historischen Daten
ebenfalls die Überlebensrate.1,4 Iloprost (VENTAVIS), ein Prostazyklin-
Analogon, das bis zu neunmal täglich inhaliert werden muss, und der hepatotoxische Endothelin-Rezeptor-Antagonist Bosentan (TRACLEER; a-t 2002; 33: 75-6) erweiterten in den letzten Jahren die
symptomatischen Behandlungsmöglichkeiten des Lungenhochdrucks.1 Seit Januar 2006 ist der als VIAGRA (a-t 1998; Nr. 5: 50) bei erektiler Dysfunktion gebräuchliche Phosphodiesterasehemmer Sildenafil als REVATIO zur Behandlung der primären und sekundären pulmonalen Hypertonie
(WHO-Klasse* III) auf dem Markt. EIGENSCHAFTEN: Sildenafil und sein aktiver Hauptmetabolit hemmen verschiedene Phosphodiesterasen (PDE), hauptsächlich
PDE 5, und führen so über verringerten Abbau von zyklischem Guanosinmonophosphat (cGMP) zur Vasodilatation.5 PDE 5 ist weder penis- noch
lungenspezifisch, sodass auch mit systemischen Effekten wie Blutdrucksenkung zu rechnen ist.5,6 Auch PDE 6, die in der Retina vorkommt, wird gehemmt
und mit Sehstörungen bis zur (Teil-) Erblindung unter Sildenafil (a-t 1998; Nr. 5: 50 und 2002; 33: 41-2) in Verbindung gebracht. Sildenafil hemmt zudem die Plättchenaggregation. KLINISCHE WIRKSAMKEIT: In der zulassungsrelevanten, von der Firma Pfizer gesponserten Doppelblindstudie nehmen 278 Patienten mit
symptomatischem Lungenhochdruck (63% idiopathisch, 30% durch Kollagenosen bedingt, 7% nach operiertem kongenitalen Shunt) randomisiert entweder Plazebo
oder dreimal täglich 20 mg, 40 mg oder 80 mg Sildenafil ein.7 Patienten, die zuvor nicht auf Bosentan angesprochen haben, werden
ausgeschlossen,5 ebenso jene, die im sechsminütigen Gehtest weniger als 100 m oder mehr als 450 m zurücklegen. Die überwiegend
weiblichen Teilnehmer (75%) gehören daher vor allem den WHO-Klassen II (39%) und III (58%) an. Eine zusätzliche Therapie mit Prostazyklinen, Bosentan
oder Arginin ist nicht erlaubt.7
Der Phosphodiesterasehemmer Sildenafil (REVATIO) ist seit Januar zur Behandlung des idiopathischen oder durch Bindegewebskrankheiten ausgelösten
Lungenhochdrucks der WHO-Klasse III auf dem Markt. |
| (R = randomisierte Studie)
| |
1 | BADESCH, D.B. et al.: Chest 2004; 126: 35S-62S | |
2 | PEACOCK, A.J.: BMJ 2003; 326: 835- 6 | |
3 | SITBON, O. et al.: Circulation 2005; 111: 3105-11 | |
4 | McLAUGHLIN, V. et al.: Chest 2004; 126: 78S-92S | |
5 | EMEA: Europ. Beurteilungsbericht (EPAR) REVATIO, Stand Okt. 2005 | |
R | 6 | GHOFRANI, H.A. et al.: Lancet 2002; 360: 895-90 |
R | 7 | GALIÈ, N. et al.: N. Engl. J. Med. 2005; 353: 2148-57 |
8 | FDA: Medical Review Sildenafil, Stand 23. Mai 2005; http://www.fda.gov/cder/foi/nda/2005/021845s000_RevatioTOC.htm | |
R | 9 | GHOFRANI, H.A. et al.: Ann. Intern. Med. 2002; 136: 515-22 |
10 | WILKENS, H. et al.: Circulation 2001; 104: 1218-22 | |
R |
11 | STIEBELLEHNER, L. et al.: Chest 2003; 123: 1293- 5 |
12 | HOEPER, M.M. et al.: Eur. Respir. J. 2004; 24: 1007-10 | |
R |
13 | WILKINS, M.R.: Am. J. Respir. Crit. Care Med. 2005; 171: 1292-7 |
* | WHO-Klassen I-IV: Klassifikation des funktionellen Status bei Lungenhochdruck analog zu den NYHA-Klassen bei Herzinsuffizienz; körperliche Aktivität ist (I) im üblichen Rahmen uneingeschränkt möglich, (II) gering, (III) deutlich eingeschränkt, (IV) kaum möglich, eventuell Ruhebeschwerden |
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