Metronidazol-induzierte Enzephalopathie
Eine 61-jährige Frau erhält wegen Sigmadivertikulitis zunächst parenteral und dann per os Metronidazol (METRONIDAZOL B. BRAUN u.a.) und Cefuroxim (CEFUHEXAL u.a.). Nach fünf Tagen entwickelt sie starken Schwindel, anschließend Übelkeit und Erbrechen, sodass sie unter Verdacht auf eine Hirnstammdurchblutungsstörung stationär aufgenommen wird. Die kurzzeitig unterbrochene Antibiotikatherapie wird parenteral fortgesetzt. Hierunter entsteht eine Mittelhirnsymptomatik. Tage später ist die Patientin kaum noch weckbar, spricht bei vermindertem Sprachverständnis nicht mehr und zeigt Lähmungserscheinungen am rechten Arm und Bein. Im Kernspintomogramm (MRT) des Gehirns finden sich für eine Metronidazol-induzierte Enzephalopathie typische Veränderungen. Nach Absetzen des Antibiotikums bessert sich der Zustand der Patientin stetig (NETZWERK-Bericht 16.213). In den Literaturberichten zu Metronidazol-induzierter Enzephalopathie haben die Patienten vor allem Kleinhirnsymptome wie Sprech- und Gangstörungen, zum Teil auch Bewusstseinsstörungen und Krampfanfälle. Nach Absetzen bessern sich die Beschwerden meist oder klingen ganz ab. Im Hirn-MRT finden sich meist bilaterale, symmetrische Läsionen mit Beteiligung des Nucleus dentatus im Kleinhirn (BOTTENBERG M. M. et al.: J. Clin. Pharmacol. 2011; 51: 112-6; KIM, E. et al.: Am. J. Neuroradiol. 2007; 28: 1652-8, KURIYAMA, A. et al.: Clin. Neuropharmacol 2011; 34: 241-7). Die deutsche Fachinformation von FLAGYL nennt periphere Neuropathien (vgl. a-t 2002; 33: 54) und zentralnervöse Störungen wie Enzephalopathie, Krampfanfälle und aseptische Meningitis als unerwünschte Wirkungen (Sanofi-Aventis: Fachinformation FLAGYL, Stand Dez. 2011), die US-amerikanische Produktinformation empfiehlt zusätzlich, das Mittel bei Auftreten neurologischer Symptome sofort abzusetzen (Pfizer: FLAGYL US-Produktinformation, Stand Aug. 2010).
© 2012 arznei-telegramm, publiziert am 9. November 2012
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