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NEUE INDIKATION: TADALAFIL (CIALIS) BEI BENIGNEM PROSTATASYNDROM

Seit Januar 2013 wird das Potenzmittel Tadalafil (CIALIS; a-t 2003; 34: 18-9) auch zur Behandlung des benignen Prostatasyndroms angeboten. In der für diese neue Indikation zugelassenen Dosierung von einmal täglich 5 mg darf der Phosphodiesterase-5-Hemmer bereits seit 2007 auch kontinuierlich bei erektiler Dysfunktion eingenommen werden, während bei bedarfsweiser Anwendung vor sexueller Aktivität 10 mg oder 20 mg empfohlen werden. Anders als bei erektiler Dysfunktion ist der Wirkmechanismus bei Prostatasyndrom nicht genau bekannt.1,2

In vier zulassungsrelevanten randomisierten Doppelblindstudien3-6 werden an 1.500 im Mittel 63 Jahre alten Männern mit seit wenigstens sechs Monaten bestehenden Beschwerden des unteren Harntraktes infolge einer benignen Prostatahyperplasie einmal täglich 5 mg mit Plazebo verglichen. Etwa drei Viertel der Patienten haben gleichzeitig eine erektile Dysfunktion.1 Relevante kardiovaskuläre Vorerkrankungen, bei denen Tadalafil kontraindiziert ist,2 sowie relevante Leber- oder Niereninsuffizienz sind Ausschlussgrund. Innerhalb von zwölf Wochen verringern sich Prostatabeschwerden, die mit Hilfe des validierten Symptomindex IPSS* gemessen werden, von eingangs durchschnittlich 17 bis 19 Punkten unter Plazebo im Mittel um 2,3 bis 4,2 Punkte und unter Tadalafil geringfügig mehr um weitere 1,9 bis 2,6 Punkte.3-6 Die Langzeitwirksamkeit ist unzureichend nur in einer einjährigen unkontrollierten Erweiterungsstudie7 untersucht, die keinen Verlust der Wirksamkeit erkennen lässt.1 In einer der Untersuchungen6 wird der Alphablocker Tamsulosin (ALNA, Generika) mitgeführt, ohne dass ein direkter Vergleich vorgesehen ist. Hinweise auf Wirkvorteile bei Prostatasyndrom (Minderung des IPSS um weitere 1,5 Punkte unter Tamsulosin versus Plazebo) oder auf bessere Verträglichkeit ergeben sich nicht.1

Häufige Störwirkungen unter Tadalafil sind Schmerzen von Kopf (3,9%), Rücken (2,4%) und Muskeln (1,2%) sowie in den Extremitäten (1,5%), Dyspepsie (2,4%), gastroösophagealer Reflux (1,1%), Durchfall (1,3%), Schwindel (1,3%) und Hypertonie (1,6%). Bei über 75-Jährigen werden Durchfall (7,1%) und Schwindel (4,8%) besonders häufig beobachtet. Das Sicherheitsprofil bei Patienten über 65 Jahren ist nicht hinreichend bekannt.1

Einmal täglich 5 mg Tadalafil (CIALIS) kosten pro Monat 123 € und damit gut das Zwanzigfache eines günstigen Tamsulosin-Generikums (z.B. TAMSULOSIN ABZ; 6 € monatlich bei täglich 0,4 mg). Anders als für erektile Dysfunktion8 ist Tadalafil in der Indikation Prostatasyndrom prinzipiell erstattungsfähig, dürfte angesichts fehlender Vorteile jedoch nicht als wirtschaftlich anzusehen sein. Eine Nutzenbewertung nach Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG) ist nicht geplant.9

∎  Der Phosphodiesterase-5-Hemmer Tadalafil (CIALIS) verringert Beschwerden bei benignem Prostatasyndrom geringfügig stärker als Plazebo. Aussagekräftige Vergleiche mit Alphablockern fehlen.

∎  Die Sicherheit bei Patienten ab 65 Jahren sowie der Langzeitnutzen sind nicht hinreichend untersucht.

∎  Wir sehen keinen Stellenwert für das teure Mittel in der Indikation Prostatasyndrom.

  (R =randomisierte Studie)
1 EMA: Europäischer Beurteilungsbericht (EPAR) CIALIS, Okt. 2012 http://www.emea.europa.eu/docs/en_GB/document_library/EPAR_-_Assessment_Report_-_Variation/human/000436/WC500137787.pdf
2 Lilly: Fachinformation CIALIS, Stand Nov. 2012
R  3 ROEHRBORN, C.G. et al.: J. Urol. 2008; 180: 1228-34
R  4 PORST, H. et al.: Eur. Urol. 2011; 60: 1105-13
R  5 EGERDIE, R.B. et al.: J. Sex. Med. 2012; 9: 271-81
R  6 OELKE, M. et al.: Eur. Urol. 2012; 61: 917-25
7 DONATUCCI, C.F. et al.: BJU Int. 2011; 107: 1110-6
8 GBA: Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Verordnung von Arzneimitteln in der vertragsärztlichen Versorgung, Stand Sept. 2012; zu finden unter http://www.g-ba.de/informationen/richtlinien/3/
9 Gemeinsamer Bundesausschuss: Schreiben vom 6. März 2013

* IPSS = International Prostate Symptom Score, auch American Urological Association Symptom Index (AUASI); Gesamtscore 0 bis 35 Punkte, eine Verringerung um 3,0 Punkte soll eine leichte, um 5,1 Punkte eine moderate und um 8,8 Punkte eine deutliche Verbesserung bedeuten (a-t 2010; 41: 80).

© 2013 arznei-telegramm, publiziert am 19. April 2013

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