ENDLICH: ANWENDUNGSBESCHRÄNKUNGEN FÜR FLUPIRTIN (KATADOLON, GENERIKA)
Aufgrund schwerer, zum Teil tödlicher Leberschäden empfiehlt das Pharmacovigilance Risk Assessment Committee (PRAC) der europäischen Arzneimittelbehörde (EMA), die Anwendung von Flupirtin (KATADOLON, Generika) einzuschränken.1 Nach 49 Berichten aus dem Inland über Leberversagen unter dem Schmerzmittel, darunter 14 mit tödlichem Ausgang, hatte das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) im März 2013 ein Risikobewertungsverfahren eingeleitet.2 Unseres Erachtens reichlich spät, denn die Zahl der Spontanmeldungen über Leberschäden steigt seit Jahren (a-t 2007; 38: 117, 2011; 42: 79 und 2012; 43: 61-2). Dabei kommt der Therapiedauer entscheidende Bedeutung zu: Leberversagen wird in den 49 Berichten im Mittel nach 60-tägiger Therapie beschrieben,2 nicht aber bei Anwendung von maximal zwei Wochen. Allerdings kann es bereits in den ersten zwei Behandlungswochen Hinweise auf leberschädigende Effekte geben.1
Bereits bei Markteinführung 1985 bestand Verdacht auf Lebertoxizität, weshalb die Anwendung ursprünglich auf maximal acht Tage beschränkt worden war. 1989 wurde die Zulassung auf eine „kurzfristige Behandlung” von „höchstens vier Wochen, soweit nicht anders verordnet”3 ausgedehnt (a-t 2000; 31: 30). Vor gut elf Jahren hob das BfArM auch diese Begrenzung auf und ließ Flupirtin zur unbefristeten Behandlung chronischer Schmerzen zu.4 Grundlage dieser Indikationserweiterung bildeten nach Auskunft der Behörde damals jedoch randomisierte Studien mit maximaler Anwendungsdauer von vier Wochen.5 Die Indikationsausweitung dürfte zum Anstieg der Verordnungen bis auf insgesamt 28 Millionen Tagesdosierungen in 2011 beigetragen haben. Heute sieht das BfArM die Wirksamkeit von Flupirtin bei chronischen Schmerzen als unzureichend belegt an.2
Das PRAC bewertet die Daten ähnlich und empfiehlt, die Anwendung bei wöchentlichen Leberwertkontrollen auf maximal zwei Wochen zu beschränken. Bleiben soll als Reserveindikation die Therapie akuter Schmerzen von Erwachsenen, bei denen andere Schmerzmittel wie nichtsteroidale Antirheumatika und schwache Opioide nicht angewendet werden können. Bei Zeichen einer Leberschädigung soll das Mittel sofort abgesetzt werden. Bei vorbestehender Lebererkrankung, Alkoholmissbrauch oder Gebrauch weiterer Arzneimittel, die die Leber schädigen können, soll es kontraindiziert sein. Die bisherige Zulassung für die Anwendung bei Kindern soll gestrichen werden.1 Da zulassungsrelevante Studien laut BfArM nicht publiziert sind,5 ist eine unabhängige Bewertung der verbleibenden Nischenindikation nicht möglich. Wir raten weiterhin von der Anwendung ab, –Red.
1 | EMA: PRAC recommends restricting the use of flupirtine-containing medicines, 14. Juni 2013 http://www.ema.europa.eu/docs/en_GB/document_library/Referrals_document/ Flupirtine-containing_medicines/Recommendation_provided_by_Pharmacovigilance_Risk_ Assessment_Committee/WC500144453.pdf |
2 | BfArM: Rationale for the triggering of procedure under Article 107i of Directive 2001/83/EC on flupirtine, 8. März 2013
http://www.ema.europa.eu/docs/en_GB/document_library/Referrals_document/Flupirtine-containing_medicines/Procedure_started/WC500139760.pdf |
3 | ASTA Pharma: Fachinformation KATADOLON, Stand Aug. 1990 |
4 | AWD.pharma: Fachinformation KATADOLON, Stand Jan. 2002 |
5 | BfArM: Schreiben vom 25. Juni und 3. Juli 2013 |
© 2013 arznei-telegramm, publiziert am 5. Juli 2013
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