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Kurz und bündig

Neue Daten zu Pirfenidon (ESBRIET) bei Lungenfibrose

Die US-amerikanische Arzneimittelbehörde FDA hatte 2010 die Zulassung von Pirfenidon (ESBRIET) zur Behandlung der idiopathischen Lungenfibrose wegen der unzureichenden Datenlage abgelehnt und eine weitere Studie gefordert (a-t 2012; 43: 33-4).1 Nur in einer der beiden CAPACITY-Studien, die der europäischen Zulassung von Pirfenidon als Orphan Drug bei milder bis mäßiger Erkrankung 2011 zu Grunde lagen, hat das Mittel im Vergleich zu Plazebo einen signifikanten Effekt auf den primären Endpunkt, der Abnahme der forcierten Vitalkapazität (FVC, Differenz im Mittel 4,4% oder 157 ml nach 72 Wochen).2,3 Die von der FDA geforderte zusätzliche Phase-III-Studie (ASCEND)4 wurde im Mai dieses Jahres publiziert. Sie bestätigt die Effekte von Pirfenidon auf die Surrogatparameter Lungenfunktion und Gehtest bei milder bis mäßiger idiopathischer Lungenfibrose: Nach 52 Wochen hat die FVC unter Verum im Mittel um 193 ml weniger abgenommen als unter Plazebo. Die im Sechs-Minuten-Gehtest zurückgelegte Strecke ist unter Pirfenidon 27 m länger (CAPACITY-Studien: 24 m). Wie in den CAPACITY-Studien bleibt auch in ASCEND ein Effekt auf Dyspnoe aus. Die Lebensqualität, die in CAPACITY unbeeinflusst bleibt, wird in ASCEND gar nicht untersucht.2,4,5 Nach einer prädefinierten gepoolten Analyse, die zusammen mit der ASCEND-Studie publiziert wird und in die die Daten aus ASCEND und die Einjahresdaten aus CAPACITY mit insgesamt 1.247 Patienten eingehen, ergibt sich jedoch unter Pirfenidon eine signifikante Senkung der Sterblichkeit nach einem Jahr um knapp 50% (3,5% versus 6,7%; Hazard Ratio [HR] 0,52; 95% Konfidenzintervall [CI] 0,31-0,87).4 Die FDA, die das Mittel inzwischen ebenfalls zugelassen hat, erkennt diese Auswertung offensichtlich nicht an. Die US-amerikanische Fachinformation präsentiert eine gepoolte Analyse der drei Studien über einen Zeitraum bis zu zwei Jahren, nach der sich kein signifikanter Unterschied in der Sterblichkeit ergibt (HR 0,75; 95% CI 0,51-1,11).3 Mit der Bestätigung durch ASCEND reichen die Daten jetzt aus, Pirfenidon eine Wirksamkeit zumindest auf Surrogatparameter zu attestieren. Das teure Orphan-Arzneimittel (40.000 € pro Jahr) wird allerdings schlecht vertragen, vor allem Übelkeit, Erbrechen und Hautreaktionen kommen sehr häufig vor.2-4 Ob klinisch relevante Endpunkte und insbesondere die Sterblichkeit durch Pirfenidon günstig beeinflusst werden, bedarf weiterhin der Klärung. Nach einer Anfang des Jahres veröffentlichten Berechnung von ASCEND- und CAPACITY-Autoren müsste eine Studie, die für den Nachweis einer 25%igen Senkung der Sterblichkeit bei diesen Patienten ausreichend gepowert ist, mehr als 2.500 Teilnehmer umfassen.6 In Erwartung einer hohen Rendite – optimistische Schätzungen gehen von mehr als 1 Milliarde Dollar Umsatz pro Jahr nach Zulassung in den USA aus – hat Roche im August 2014 die Firma Intermune, die als einziges Produkt Pirfenidon anbietet, für 8,3 Milliarden Dollar erworben.7 An den Finanzierungsmöglichkeiten des neuen Anbieters bräuchte eine auf Mortalität angelegte Studie mit Pirfenidon also nicht zu scheitern, –Red.

  (R = randomisierte Studie)
1 McQUE, K.: Scrip vom 5. Mai 2010
R  2 NOBLE, P.W. et al.: Lancet 2011; 377: 1760-9
3 Intermune: US-amerikanische Produktinformation ESBRIET, Stand Okt. 2014; http://www.a-turl.de/?k=nasc
R  4 KING, T.E. et al.: N. Engl. J. Med. 2014; 370: 2083-92
5 IQWiG: Pirfenidon – Nutzenbewertung gemäß § 35a SGB V, Stand Dez. 2011; http://www.a-turl.de/?k=bsdo
6 KING, T.E. et al.: Am. J. Respir. Crit. Care Med. 2014; 189: 825-31
7 HODGESON, J.: Scrip vom 5. Sept. 2014, S. 20

© 2014 arznei-telegramm, publiziert am 14. November 2014

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