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Arzneimittelversorgung

INDIEN HAT DEN EXPORT VON 13 WIRKSTOFFEN EINGESCHRÄNKT

*Vorversion am 5. März 2020 als blitz-a-t veröffentlicht.

Das indische Ministerium für Handel und Industrie blockiert seit Anfang März 2020 den Export von 13 Wirkstoffen und entsprechenden Präparaten.1 Indiens Regierung will so die Versorgung der eigenen Bevölkerung trotz der durch die Coronavirus (SARS-CoV-2)-Pandemie bedingten Produktionsausfälle sicherstellen. Indien ist nicht nur ein international wichtiger Arzneimittellieferant, sondern bezieht selbst 70% der verarbeiteten Wirkstoffe aus China.2,3

Betroffen von der Maßnahme sind Aciclovir, Chloramphenicol, Clindamycin, Erythromycin, Metronidazol, Neomycin, Ornidazol, Parazetamol, Progesteron, Tinidazol sowie die Vitamine B1, B6 und B12,1 zum Teil also auch relevante Arzneimittel. Sollten Produktionsstätten in anderen Ländern die durch das Exportverbot entstehenden Lieferausfälle nicht auffangen können, könnte es in einigen Bereichen eng werden, beispielsweise in der Selbstmedikation mit Analgetika. Denn die seit Monaten anhaltenden Versorgungsprobleme mit Ibuprofen (a-t 2019; 50: 110-2) sind immer noch nicht behoben. Auch wird beispielsweise das Antibiotikum Erythromycin in relevanter Menge in Indien produziert. Der Exportbann könnte somit längerfristig bereits bestehende Lieferdefizite (a-t 2020; 51: 6) verstärken.

Die beträchtliche Abhängigkeit der indischen Arzneimittelproduktion von China lässt international nicht nur Versorgungsprobleme, sondern aufgrund von Verknappung auch Preissteigerungen befürchten.3 Sorgen bereitet zudem, dass in Indien ursprünglich eine Exportverbotsliste mit 58 Medikamenten und Wirkstoffen erstellt worden ist, deren Produktion von chinesischer Ware abhängt.4 Eine Ausweitung des Exportverbots könnte daher möglich sein.

Die Situation ist aber auch eine Chance, da sie deutlich macht, wie stark inzwischen die Versorgung mit Arzneimitteln in Deutschland, Europa und vielen Teilen der Welt von Lieferungen aus dem asiatischen Raum abhängt. Die Notwendigkeit, die Produktion relevanter Arzneimittel langfristig nach Deutschland oder Europa zurückzuverlagern, wird immer drängender. Mit Mehrkosten durch Rückverlagerungen werden wohlhabende Industrieländer wohl leben können und müssen. Gesicherte Qualität und zuverlässige Versorgung mit Arzneimitteln sind jedoch wichtiger, als die Preise so niedrig wie möglich zu drücken. Billigproduktionen im asiatischen Bereich beruhen im Wesentlichen auf Niedriglöhnen, geringen behördlichen Vorschriften und minimalen Umweltauflagen (a-t 2018; 49: 73-5). Die Konsequenzen solcher nicht nachhaltiger Produktionsbedingungen dürften über kurz oder lang ohnehin auf die reicheren Bestellländer zurückfallen. Schließlich leben wir alle auf demselben Planeten, -Red.

1Ministry of Commerce & Industry, New Delhi (Indien): Notification No. 50/2015-2020; http://www.a-turl.de/?k=tixe
2MÜLLER, C.: DAZ.online; http://www.a-turl.de/?k=ernr
3ELLIS-PETERSON, H.: The Guardian vom 4. März 2020; http://www.a-turl.de/?k=uxhe
4HEIN, C.: Die "Apotheke der Welt" schließt ihre Türen. FAZ vom 5. März 2020; http://www.a-turl.de/?k=remp

© 2020 arznei-telegramm, publiziert am 20. März 2020

Autor: Redaktion arznei-telegramm - Wer wir sind und wie wir arbeiten

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