Rund 100.000 Menschen sollen jährlich in Deutschland im Zusammenhang mit sogenannten tachykarden ventrikulären Arrhythmien sterben.
Mit Medikamenten wird versucht, dem Risiko des plötzlichen Herztodes vorzubeugen. Gehäuft auftretende ventrikuläre Extrasystolen zeigen ebenso
ein Risiko an wie ventrikuläre Salven mit Frequenzbeschleunigung. Es besteht eine Beziehung zwischen Schädigung der Funktion der linken Herzkammer
und Ausmaß und Schweregrad kammerbedingter Herzrhythmusstörungen. Die Behandlung muß sowohl die Grunderkrankung, z.B. eine
Minderdurchblutung des Herzmuskelgewebes bei Koronarkranken, als auch die verminderte Auswurfleistung des Herzens berücksichtigen, die mit ACE-
Hemmern, Digitalisglykosiden und Diuretika behandelt werden kann.
Für die eigentliche medikamentöse antiarrhythmische Behandlung stehen einige Dutzend Wirkstoffe mit unterschiedlichen Wirkmechanismen zur
Verfügung, wobei jedoch eine Therapie mit nur einer Substanz anzustreben ist und Kombinationen nur bei freier Dosiswahl unter Kontrolle des Therapieeffektes
verwendet werden sollten. Zu den antiarrhythmisch wirksamen Mitteln der ersten Wahl gehören Betarezeptorenblocker einschließlich Sotalol (SOTALEX).
Es folgen sogenannte Klasse-Ib-Antiarrhythmika wie Mexiletin (MEXITIL) und Tocainid (XYLOTOCAN) und im weiteren Abstand Ic-Antiarrhythmika wie Propafenon
(RYTMONORM) oder Flecainid (TAMBOCOR). Als Therapie der letzten Reserve steht Amiodaron (CORDAREX) zur Verfügung, dessen Erstverabreichung
zweckmäßigerweise unter strikter klinischer Kontrolle zu erfolgen hat (vgl. a-t 6 [1992],
54).1
Die medikamentöse Behandlung ist angezeigt, wenn die Vorgeschichte des Patienten Hinweise auf hämodynamische Folgen der
Herzrhythmusstörung ergibt wie z.B. Reanimationsversuch oder anamnestisch bekannte Synkopen.1,2 Hier liegt die Rezidivrate bei 30 bis
50%.1
Umstritten ist, ob die vorbeugende Behandlung asymptomatischer Patienten mit Antiarrhythmika die Prognose der Erkrankung verbessert.1 Für diesen
Zweck kommen am ehesten Betarezeptorenblocker in Frage,1,2 denen nicht nur eine antiarrhythmische, sondern auch eine antiischämische Wirkung
zugeschrieben wird. Die gängigen Antiarrhythmika scheinen die Prognose gegenüber Plazebo nicht zu verbessern.1 Besondere
Zurückhaltung gilt heute der antiarrhythmischen Behandlung von Patienten nach überstandenem Herzinfarkt. Gegenüber Plazebo scheinen
Flecainid und andere gleichartige Antiarrhythmika die Sterblichkeit der Patienten so stark zu erhöhen, daß entsprechende klinische Erprobungen vorzeitig
abgebrochen werden mußten (CAST-Studie, vgl. a-t 7 [1991], 63, a-t 6
[1992], 54).1,2
Alle Antiarrhythmika besitzen offensichtlich starke proarrhythmische Effekte, so daß bei einem Großteil der damit behandelten Patienten mit einer
Verschlimmerung des Krankheitsbildes zu rechnen ist. Auf Antiarrhythmika soll bei asymptomatischen Patienten mit einzelnen oder komplexen ventrikulären
Extrasystolen verzichtet werden, wenn die Herzleistung nicht wesentlich vermindert ist (Ejektionsfraktion > 40%). Auch bei ausgeprägteren
Herzrhythmusstörungen auf dem Boden ventrikulärer Tachykardien mit wesentlichen Funktionseinschränkungen (linksventrikuläre
Ejektionsfraktion < 40%) ist der lebensverlängernde Wert einer medikamentösen antiarrhythmischen Prophylaxe nicht gesichert.1
FAZIT: Die medikamentöse Behandlung mit Antiarrhythmika wird für Patienten mit schweren Herzrhythmusstörungen wie Synkopen oder
Herzstillstand in der Anamnese empfohlen. Für eine Lebensverlängerung durch antiarrhythmische Behandlung für Patienten mit deutlicher
Einschränkung der Herzleistung und einer Ejektionsfraktion < 40% fehlen Nachweise. Asymptomatische Patienten ohne deutliche
Herzfunktionseinschränkung mit einzelnen oder komplexen ventrikulären Extrasystolen und einer Ejektionsfraktion > 40% sollten nicht antiarrhythmisch
behandelt werden.
1 | GONSKA, D. B.-D.: Arzneiverordnung in der Praxis 2 (1991), 20 |
2 | STEVENSON, W. G.: Ann. Int. Med. 114 (1991), 784 |
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