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                            a-t 1993; Nr.07: 65nächster Artikel
Korrespondenz

ALPENLÄNDER: WELCHE GEFAHREN
BIRGT DIE FSME-IMPFUNG (FSME-IMMUN U.A.)?

Die Informationen zu Nutzen und Risiken der FSME-Impfung (FSME-IMMUN u.a.) sind in Österreich dürftig. So fehlt in einem aktuellen Bericht in der Tiroler Tageszeitung der Hinweis, daß es im Bergland oberhalb von 1.000 m keine FSME-Viren gibt, selbst in Endemiegebieten nur 0,1% der Zecken mit dem Virus infiziert sind und daß die medizinische Bedeutung der etwa 500- bis 1000mal häufiger als FSME vorkommenden Borreliose meist verkannt wird. Risiken der Impfung bleiben unerwähnt. Im Austria Codex findet sich lediglich der Hinweis "gelegentlich leichte lokale Reaktionen".

Aus Deutschland kommen Berichte über neurologische Krankheitsbilder nach FSME-Impfung (vgl. a-t 6 [1991], 50, 9 [1991], 83). Spontanmeldungen aus der Schweiz (Schweizerische Arzneimittel-Nebenwirkungszentrale [SANZ]) einschließlich des Berichtes einer Polyradikulomyelitis lassen auf eine Häufigkeit neurologischer Nebenwirkungen von 1:23.000 bzw. bei Annahme einer Dunkelziffer von nur 10% gemeldeter Zwischenfälle von 1:2.300 schließen. Die Schweizer Autoren folgern, "die Indikation zur Immunprophylaxe muß weiterhin auf die bekannten FSME-Risikopersonen, d. h. beruflich Exponierte in Endemiegebieten, beschränkt bleiben" (S. GOERRE et al.: Schweiz. Med. Wschr. 123 [1993], 654). Ähnlich zurückhaltend sieht die Deutsche Arzneimittelkommission in Köln die Indikation der FSME-Impfung (vgl. a-t 5 [1993], 49).

Zwei Drittel aller Österreicher sollen inzwischen geimpft sein. Also sind mindestens fünf Millionen Impfungen in Österreich durchgeführt worden. Laut Auskunft des Bundesministeriums für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz (vom 8. Juni 1993) sind im Zeitraum 1982 bis 1993 (11 Jahre) 19 neurologische Nebenwirkungen spontan gemeldet worden. Dies würde einer (spontan gemeldeten) Nebenwirkungsrate von 1:250.000 entsprechen. Im 1993 erschienenen Buch "Impfreaktionen" wird allein die Häufigkeit der Impfkomplikation "meningitische Beschwerden" mit etwa 1:1.000 angegeben.

Der Schluß ist erlaubt, daß in Österreich nicht etwa die Nebenwirkungshäufigkeit, sondern die spontane Meldungsrate von Nebenwirkungen im Verhältnis zur Schweiz und Deutschland ca. zehnmal niedriger liegt. Das Verhalten des österreichischen Herstellers in bezug auf die Aufklärung von Ärzten und Patienten bezüglich möglicher Nebenwirkungen in Österreich ist skandalös und möglicherweise sogar strafrechtlich relevant.

Univ. Prof. Dr. med. H. GLOSSMANN (Klin. Pharmakologie)
Institut für Biochemische Pharmakologie
A-6020 Innsbruck

Naturherde virusinfizierter Zecken sind in der Schweiz in erster Linie das Berner Seeland, das Züricher Unterland und die Gegend um Landquart-Seewies. Auch ein "Großteil der Österreicher lebt nicht in einem Endemiegebiet" (Gesundheitsminister AUSSERWINKLER). Der FSME-Anbieter Immuno erklärt hingegen "ganz Österreich" zum Endemiegebiet und schürt Ängste vor den Folgen eines Zeckenbisses. Kritiker wie GLOSSMANN tut der Immuno-Vorstand EIBL als "G'schaftelhuber" ab. Ein Statistiker, der die vom Erfinder des Impfstoffes FSME-IMMUN KUNZ publizierten FSME-Daten in Frage stellt, wird ignoriert: EIBL redet nicht "mit jedem Wurschtl" (Profil 25/1993, S. 38). KUNZ ist übrigens nicht nur mit Tantiemen am Impfstoff beteiligt, sondern auch Mitglied des obersten Sanitätsrates, der Impfempfehlungen herausgibt (vgl. a-t 9 [1991], 79). Der Zielkonflikt liegt offen.

Unserem NETZWERK DER GEGENSEITIGEN INFORMATION gingen innerhalb von sechs Jahren 115 Berichte über Zwischenfälle in Verbindung mit FSME-Impfstoffen zu. Überwiegend handelt es sich um ZNS-Störwirkungen, darunter Kopfschmerzen (30%), zerebrale Krampfanfälle (12%), Asthenie (10%), Parästhesien (8%), Paresen (7%), Enzephalitis (6%), Meningismus (4%), Meningitis (3%) sowie Depression, Myelitis, Polyneuritis, Reflexabschwächung, Verwirrtheitszustand u.a. Im Bereich der Sinnesorgane werden Doppeltsehen und Schwindel (je 4%), Sehstörungen und Augenmuskellähmung (je 3%) sowie Taubheit, Störung des Geruchssinns und Lichtscheu beschrieben. 34% der gemeldeten Zwischenfälle gehen mit Fieber einher, 11% mit Übelkeit und Erbrechen, 7% mit Glieder- und 5% mit Nackenschmerzen. Ein Allgemeinmediziner aus dem Stuttgarter Raum findet bei mehreren Patienten trotz dreifacher Grundimmunisierung keine für einen Impfschutz ausreichenden Titer. Die Kontrolluntersuchung in einem anderem Labor bestätigt die fehlende Immunisierung (Bericht 4882), –Red.


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