... Unerträglich ist die Angabe von 27% Sterblichkeit von Patienten mit Omeprazol in der Therapie gegenüber 1,6% ohne
Omeprazol (a-t 3 [1995], 26) selbst wenn es etwas eingeschränkt wird ...
Dr. H. WANDT
D-64569 Nauheim
... Diese Mortalitätsraten in dem ungenannten Klinikum können nur nach Offenlegung der Indikation zur Omeprazol-Therapie interpretiert
werden. Wenn die i.v.-Therapie kritisch Kranken vorbehalten blieb, während nicht lebensbedrohlich Erkrankte Omeprazol oral erhielten, war in der ersten
Gruppe unabhängig von der Protonenpumpeninhibitor-Therapie zwangsläufig höhere Mortalität zu erwarten ...
Prof. Dr. W. SCHEPP (II. Medizinische Klinik der TU München)
D-81675 München
Wenn in a-t 3 (1995), 26 formuliert wird, im Beobachtungsraum eines halben Jahres seien in einem
Universitätsklinikum 27% aller mit intravenösen Omeprazol (ANTRA)-Gaben behandelten Patienten verstorben, wohingegen die Sterblichkeit bei den
übrigen Kranken des Klinikums nur bei 1,6% liege, dann ist dieses Argument glänzend geeignet, den Ruf des "a-t" durch den Vorwurf der
Naivität (oder unseriösen Polemik) zu beschädigen:
Weiß das "a-t" nicht, daß Omeprazol auch an Unikliniken intravenös nur an Patienten gegeben wird, die ohnehin vital bedroht sind
z.B. unter anhaltender künstlicher Beatmung? Bitte substantiieren Sie dieses Argument durch aussagekräftige zusätzliche Daten."
Dr. von BOEHMER (Betriebsarzt)
D-20019 Hamburg
Zu den zugelassenen Anwendungsgebieten der sog. Protonenpumpenhemmer gehören das Ulcus ventriculi et duodeni, die Refluxösophagitis und das
ZOLLINGER-ELLISON-Syndrom.1 Mehr als 80% der Anwendungen der Injektionsform von Omeprazol bei kritisch Kranken in dem von uns zitierten
Universitätsklinikum erfolgten außerhalb dieser anerkannten Indikationen, nämlich bei kritisch kranken Patienten zur Prophylaxe von Streßulkus
oder Blutungen aus dem Magen-Darm-Trakt. Von den Gesundheitsbehörden wurden diese Indikationen bislang nicht anerkannt. Klinische Studien zu Nutzen
und Risiken von Protonenpumpenhemmern zur Vorbeugung von Streßblutungen liegen nicht vor.2
In der Literatur fehlen Belege für eine Überlegenheit von Omeprazol in der Behandlung gastrointestinaler Blutungen.3,4,5 In der
größten, vom pharmazeutischen Unternehmen geförderten Studie wurde sogar eine Tendenz zur Übersterblichkeit in der Omeprazol-Gruppe
beobachtet.5
Die intravenöse Gabe von Omeprazol scheint mit erhöhten Risiken belastet zu sein. Bei den nach i.v.-Anwendung gemeldeten schweren
Sehstörungen war die empfohlene obere Dosierungsgrenze um das 2- bis 6fache (im Mittel das 3 ½fache) überschritten worden.6 Nach
solchen Bolus-Injektionen entstehen z.B. im Gehirn, Herz und anderen gut durchbluteten Organen sehr rasch hohe initiale Blutspiegel von Omeprazol, die 20-40mal
höher sein können als die Spitzenplasmaspiegel nach Einnahme der empfohlenen Tagesdosis.7
5% aller Weißen sind schlechte Metabolisierer des Omeprazol und somit anfällig für toxische Wirkungen. Für die Langzeittherapie werden daher
regelmäßige Überwachung des Serumgastrinspiegels und Phänotypisierung des Omeprazol-Abbauweges mittels eines Mephenytoin
(EPILANEX)-Tests empfohlen.8 Langsame Omeprazol-Metabolisierer hydroxilieren auch das Antiepileptikum schlecht.9 Genetisch
prädisponierte Personen sollen nur ein- bis zweimal pro Woche 20 mg Omeprazol erhalten.8 Besonders problematisch erscheint die intravenöse
Anwendung ohne Kenntnis des Metabolisierungsstatus.
Schwere Leber- und Nierenfunktionsstörungen stellen relative Gegenanzeigen für Omeprazol dar, bei denen parenteral die Dosis von 10 mg pro Patient
und Tag nicht überschritten werden darf. Als risikoverstärkend wertet das Bundesinstitut für Arzneimittel (Berlin), daß die Ampullen eine
größere Omeprazol-Menge (40 mg) enthalten als der empfohlenen Dosierung (10-20 mg täglich) entspricht (s. auch a-t 1 [1994], 15).6 Der Astra-Außendienst hatte die Wiederholung der 40-mg-i.v.-Dosis nach zwölf
Stunden "nachhaltig und ohne Einschränkung" empfohlen.10 Dem vom Bundesinstitut für Arzneimittel angeordneten Ruhen der
Zulassung der i.v.-Injektionsform widersprach nicht der pharmazeutische Unternehmer.
60% des weltweiten Verbrauchs der Injektionsform entfiel auf Deutschland. In den USA, Großbritannien, Italien, Belgien und Griechenland ist die parenterale
Applikationsform nicht zugelassen.11
Omeprazol (ANTRA, GASTROLOC) wird bei parenteraler Anwendung häufig höher als empfohlen dosiert und außerhalb der zugelassenen
Indikationen verabreicht. Im Rahmen von Arzthaftungsprozessen um Erblindungen nach Anwendung von Omeprazol könnte die unterlassene
Risikoaufklärung der betroffenen Kranken ebenso wie die Frage, ob die ärztliche Behandlung dem medizinischen Standard entsprach, einen groben
Behandlungsfehler begründen, der eine Umkehr der Beweislast zur Folge hat. Der Arzt muß dann vor Gericht beweisen, daß die Schädigung
auch bei ordnungsgemäßer Behandlung eingetreten wäre.12
Es gilt nach höchstrichterlicher Rechtsprechung der Grundsatz, dem Patienten kein Medikament zu verschreiben, das hinsichtlich seiner Gefährlichkeit
außer Verhältnis zum Behandlungsziel steht. Der Arzt hat die risikoärmere Alternative zu wählen.13 Ein nicht zugelassener, experimenteller
Arzneimittelgebrauch durch den Arzt kann den Prozeßausgang negativ beeinflussen. Die Verordnung von Protonenpumpenhemmern bei Intensivpatienten zur
Prophylaxe von Blutungen oder Streßulzera gehört zu solchen nicht zugelassenen Anwendungen, Red.
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