Der Thrombozytenaggregationshemmer Clopidogrel (ISCOVER, PLAVIX; a-t 1998; Nr. 8: 70-1 und 1999; Nr. 7: 76) kann wie sein chemisch nahe verwandter Vorläufer Ticlopidin (TIKLYD u.a.; a-t 1998; Nr. 5: 52) immunogene Reaktionen wie thrombotisch-thrombozytopenische Purpura (TTP) auslösen. In
einer Vorveröffentlichung des N. Engl. J. Med. berichten US-amerikanische Autoren über elf Patienten, die während oder kurz nach der Einnahme
am lebensbedrohlichen MOSCHCOWITZ-Syndrom erkrankt sind. Unter Ticlopidin wird die Häufigkeit auf 1:1.600 bis 1:5.000 geschätzt. In klinischen
Studien mit Clopidogrel fand sich bei rund 20.000 Anwendern kein Hinweis auf das Syndrom. Das Ausmaß der Schädigung unter Ticlopidin wurde jedoch
auch erst sieben Jahre nach Zulassung in den USA erkannt.1
Thrombozytopenie, mikroangiopathische hämolytische Anämie, Fieber, neurologische Symptome, Lungenembolien, arterielle Verschlüsse (Insulte,
Infarkte) und Nierenveränderungen kennzeichnen die Erkrankung. Das Beschwerdebild kann zum Beispiel bei Schlaganfallpatienten die Grunderkrankung
imitieren. Autoantikörper gegen eine Protease, die den Gerinnungsfaktor VIII (VON WILLEBRAND) spaltet, werden als Ursache der idiopathischen und der
Ticlopidin-bedingten Erkrankung angesehen. Große Multimere des Gerinnungsfaktors sollen die Bildung multipler Mikrothromben fördern. Auch bei zwei
Clopidogrel-Anwendern finden sich Antikörper gegen die Protease. Wirksamste Behandlung ist die sofort eingeleitete Plasmapherese.
Die Störwirkung scheint sich unter Clopidogrel schneller zu entwickeln als unter Ticlopidin: Zehn der elf Betroffenen haben das Mittel nur 3 bis 14 Tage lang
eingenommen. Zwei Patienten benötigen 20 bzw. 30 Plasmapheresen, bevor Besserung eintritt, zwei erleiden Rückfälle, obwohl Clopidogrel
abgesetzt ist. Eine Frau stirbt trotz Plasmaaustausch. Die Rolle von CSE-Hemmern bleibt zu klären: Etwa jeder Zweite hat zusätzlich Lipidsenker
eingenommen, bei zweien scheint Atorvastatin (SORTIS) an der Entstehung beteiligt zu sein.1
In einem weiteren Bericht wird Clopidogrel außerdem mit dem der TTP verwandten hämolytisch-urämischen Syndrom in Verbindung gebracht, das
durch Thrombozytopenie, mikroangiopathische hämolytische Anämie und fortschreitendes Nierenversagen gekennzeichnet ist.2
FAZIT: Der Thrombozytenaggregationshemmer Clopidogrel (ISCOVER, PLAVIX) kann wie das chemisch verwandte Ticlopidin (TIKLYD u.a.)
Immunerkrankungen insbesondere vom Typ der thrombotisch-thrombozytopenischen Purpura auslösen. Vor allem in den ersten beiden Behandlungswochen ist
auf Symptome der potenziell lebensbedrohlichen Syndrome zu achten.
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