Helicobacter pylori gilt nicht nur als Auslöser des peptischen Ulkus, sondern wurde bereits 1994 durch die Weltgesundheitsorganisation als
humanes Karzinogen eingestuft (a-t 1996; Nr. 1: 13-4). Nach einer systematischen Übersichtsarbeit erhöht
die Infektion das Magenkrebsrisiko auf das Zwei- bis Dreifache.1 In die Auswertung gehen ausschließlich Fall-Kontroll-Studien ein. Nach wie vor ist
ungeklärt, ob und wann eine Eradikation des Keimes zur Vorbeugung von Magenkrebs sinnvoll ist.
In einer japanischen Kohortenstudie wird der Zusammenhang zwischen H. pylori und Magenkarzinom jetzt prospektiv überprüft.2 1.526
Patienten mit endoskopisch gesichertem Duodenal- oder Magenulkus, hyperplastischen Magenpolypen oder nicht ulzeröser Dyspepsie werden auf H. pylori
untersucht. Eine Infektion wird angenommen, wenn einer von drei Tests (Histologie, Urease-Schnelltest, Antikörpertest) positiv ausfällt. Alle Patienten
werden nach ein bis drei Jahren nochmals endoskopisch untersucht und durchschnittlich 7,8 Jahre lang nachbeobachtet.
81% sind nach den Studienkriterien bei der Eingangstestung Helicobacter-positiv. Bei 2,9% der infizierten Patienten wird im Nachbeobachtungszeitraum ein
Magenkarzinom diagnostiziert, hingegen bei keinem der nicht infizierten Patienten - ein statistisch signifikanter Unterschied. Von den Patienten mit nicht
ulzeröser Dyspepsie entwickeln sogar 4,7% ein Magenkarzinom. Auch bei Magenschleimhautatrophie, Pan- oder Korpusgastritis sowie intestinaler Metaplasie ist
das Risiko erhöht. Dagegen wird bei Patienten mit Duodenalulkus kein Magenkrebs festgestellt.
Die japanische Arbeit liefert weiteren Anhalt für eine kausale Beziehung zwischen Helicobacterbesiedelung und Magenkarzinom, die durch experimentelle
Daten zusätzlich gestützt wird: Die Proliferation der Magenmukosa wird durch eine Helicobacter-Gastritis pathologisch gesteigert, reaktive
Sauerstoffmetabolite reichern sich an. Eventuell spielt auch die Ureaseproduktion des Keimes eine Rolle.3
Dennoch ist bei der Interpretation und insbesondere der Forderung nach therapeutischen Konsequenzen Zurückhaltung angebracht: Die japanischen
Daten lassen sich nicht ohne Weiteres auf deutsche Verhältnisse übertragen. Magenkrebs kommt in Japan etwa dreimal häufiger vor als hierzulande.
International hängt die Erkrankungsrate zudem nicht von der Durchseuchung mit Helicobacter ab. So gibt es weltweit Regionen mit hoher Durchseuchung,
aber sehr niedriger Inzidenz des Magenkarzinoms. Dies ist ein Hinweis darauf, dass auch andere Risikofaktoren bei der Entstehung eine Rolle spielen, die in dieser
Studie nicht untersucht werden.4 Dazu gehören genetische Faktoren, Ernährungsgewohnheiten, sozioökonomischer Status und
Zigarettenkonsum.5 Auch die Tatsache, dass Männer trotz ähnlicher Infektionsrate wesentlich häufiger an Magenkrebs erkranken als
Frauen, spricht für die Bedeutung zusätzlicher Faktoren.
Hinzu kommen methodische Schwächen der Studie: Die Auswahl der Patienten wird nicht beschrieben, sodass eine Selektion besonders
gefährdeter Patienten vorstellbar ist, die eine Überschätzung des Krankheitsrisikos zur Folge hätte. Drei Diagnoseverfahren werden gleichzeitig
durchgeführt, um die Infektion nachzuweisen. Hierdurch ist die Sensitivität zwar sehr hoch, falsch positive Befunde werden aber wahrscheinlicher, was
ebenfalls zur Überschätzung des Risikos beitragen kann. Der Nutzen der Eradikation wird auch in dieser (ausgewählten) Patientengruppe nicht
sicher nachgewiesen. Von 253 positiv getesteten Patienten, die einer Eradikationsbehandlung unterzogen werden, entwickelt zwar keiner ein Karzinom. Der
Nachbeobachtungszeitraum von 4,8 Jahren ist jedoch zu kurz, um den protektiven Effekt der Maßnahme zu beweisen.
Der günstige Verlauf bei Duodenalulkus könnte ebenfalls auf die Eradikation zurückzuführen sein, die hier die Standardbehandlung darstellt (a-t 1999; Nr. 7: 73-6). Aus den Studiendaten geht jedoch nicht hervor, wie viele Patienten mit welcher Diagnose eradiziert
wurden, und mit welchem Erfolg. Dass Patienten mit Duodenalulkus ein geringeres Magenkrebsrisiko haben, wurde andererseits schon vor der breiten
Einführung der Eradikationstherapie beschrieben.6
FAZIT: Eine japanische Kohortenstudie bekräftigt den Verdacht auf kausalen Zusammenhang zwischen Helicobacter pylori und der Entwicklung eines
Magenkarzinoms. Auf Grund der epidemiologischen Besonderheiten und offener Fragen im Studiendesign lässt sich aber nach wie vor eine Patientengruppe,
die von einer Eradikationsbehandlung im Sinne der Krebsprophylaxe profitieren könnte, nicht definieren.
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