Seit Anfang Mai ist mit Valdecoxib (BEXTRA) ein weiterer Cyclooxygenase (Cox)-2-Hemmer im Handel. Wie Celecoxib (CELEBREX) und Rofecoxib
(VIOXX) ist er zur Therapie der Arthrose und rheumatoiden Arthritis zugelassen, außerdem wie Rofecoxib bei Dysmenorrhö. Den Cox-2-Hemmern wird eine
gegenüber herkömmlichen nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR) geringere Magen-Darm-Schädlichkeit zugeschrieben, da sie in therapeutischen
Dosierungen die Cox-1, die unter anderem den Schutz der Magenschleimhaut reguliert, nicht hemmen sollen. Belegt ist ein günstiger Einfluss auf
gastrointestinale Komplikationen nur für Rofecoxib im Vergleich mit Naproxen (PROXEN u.a.). Rofecoxib steigert dafür jedoch kardiovaskuläre
Ereignisse und geht insgesamt mit signifikant höherer Rate schwerwiegender unerwünschter Wirkungen einher (a-t 2001; 32: 87-8 und 2003; 34: 15).1
EIGENSCHAFTEN: Valdecoxib ist der aktive Metabolit des im vergangenen Jahr eingeführten parenteralen Cox-2-Hemmers Parecoxib (DYNASTAT;
a-t 2002; 33: 62-3). Wie Parecoxib und Celecoxib ist auch Valdecoxib ein Sulfonamidabkömmling.
Valdecoxib wird hauptsächlich über CYP 3A4 und 2C9 sowie zum geringeren Teil über nicht CYP-abhängige Stoffwechselwege metabolisiert. In
vitro hemmt Valdecoxib CYP 3A4 und 2C9 schwach sowie CYP 2C19 mäßig,3 in vivo in höheren Dosierungen auch CYP
2D6.4
KLINISCHE WIRKSAMKEIT: Ein Wirksamkeitsvorteil von Valdecoxib gegenüber herkömmlichen NSAR ist bei keinem der beanspruchten
Indikationsgebiete nachgewiesen. Auch Gleichwertigkeit lässt sich aus veröffentlichten Studien nicht sicher ableiten. Diese dokumentieren zwar eine
ähnliche schmerzlindernde Wirksamkeit wie unter Standardmitteln, sind aber primär auf Nachweis von Überlegenheit gegenüber Plazebo5-
7 oder auf Prüfung der Verträglichkeit8 angelegt.
UNERWÜNSCHTE WIRKUNGEN: Wie unter Celecoxib und Rofecoxib wird unter 10 mg Valdecoxib (nicht jedoch unter 20 mg/Tag) bei
systematischem endoskopischen Screening eine geringere Rate von Magen-Darm-Ulzera als unter herkömmlichem NSAR festgestellt.8 Diese
lediglich durch Screening entdeckten Befunde gelten als Surrogatparameter, deren Zusammenhang mit den klinisch relevanten symptomatischen Ulzera und
Ulkuskomplikationen nicht erwiesen ist.9 Eine bessere gastrointestinale Verträglichkeit lässt sich nur durch Studien nachweisen, die primär
auf den Endpunkt klinisch bedeutsamer Komplikationen angelegt sind. Eine solche Studie liegt zu Valdecoxib nicht vor.
Das nierenschädigende Potenzial von Valdecoxib scheint zumindest in höheren Dosierungen stärker ausgeprägt zu sein als das von
herkömmlichen NSAR (vgl. a-t 2001; 32: 95). In Dosierungen oberhalb von 20 mg pro Tag (nur zugelassen bei
Dysmenorrhö) kommen nach Angaben der US-amerikanischen Arzneimittelbehörde FDA Ödeme und Blutdruckanstieg durchweg häufiger vor
als unter den Standardmitteln. In einer Studie sollen zudem - ebenfalls unter höherer Dosis - laut FDA trotz Einnahme von Low-Dose-ASS (ASPIRIN u.a.)
vermehrt schwere kardiovaskuläre thromboembolische Ereignisse im Valdecoxib-Arm beobachtet worden sein.9
Ein Jahr nach Zulassung in den USA musste der Hersteller vor lebensbedrohlichen Überempfindlichkeitsreaktionen wie Anaphylaxie und
Angioödem sowie Hautschäden wie STEVENS-JOHNSON-Syndrom und toxische epidermale Nekrolyse (LYELL-Syndrom) warnen.
Sulfonamidallergie in der Vorgeschichte gilt seitdem als Kontraindikation.3,4 Die Komplikationen haben sich jedoch auch bei Patienten ohne bekannte
Sulfonamidüberempfindlichkeit ereignet (a-t 2002; 33: 119).
Wie herkömmliche NSAR verursacht Valdecoxib durch Beeinträchtigung der Nierenfunktion Wechselwirkungen, z.B. eine verringerte
Lithiumausscheidung. Die höhere Nierentoxizität bei höheren Dosierungen könnte sich auch hinsichtlich der Interaktionen ungünstig
auswirken. Bei Valdecoxib ist zudem eine Vielzahl potenzieller CYP-bedingter Interaktionen zu beachten.4
KOSTEN: Die Behandlung der rheumatoiden Arthritis mit dem Cox-2-Hemmer Valdecoxib (BEXTRA; monatlich 50 € für täglich 10 mg) kostet
mehr als das Fünffache der Therapie mit einem preisgünstigen Diclofenac-Generikum (z.B. DICLO 1A PHARMA; monatlich 9 € für täglich
150 mg). Valdecoxib wird geringfügig (5%) günstiger angeboten als der Cox-2-Hemmer Rofecoxib (VIOXX; monatlich 53 € für täglich 25
mg).
Der Cox-2-Hemmer Valdecoxib (BEXTRA) wird zur Behandlung der Arthrose,
der rheumatoiden Arthritis und der Dysmenorrhö angeboten.
Valdecoxib bietet keinen Wirksamkeitsvorteil gegenüber herkömmlichen
nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR).
Valdecoxib bietet auch keinen Sicherheitsvorteil: Eine Senkung der Rate
gastrointestinaler Komplikationen ist nicht belegt. In höheren Dosierungen scheint Valdecoxib nierenschädlicher zu sein als konventionelle NSAR und
häufiger mit schweren kardiovaskulären Ereignissen einherzugehen. Schwere Überempfindlichkeitsreaktionen und Hautschäden fallen
auf.
Valdecoxib verteuert die Rheumatherapie im Vergleich zu einem als Generikum
verfügbaren NSAR wie Diclofenac (DICLO 1A u.a.) auf das Fünffache.
Wir raten von der Anwendung der Pseudoinnovation ab.
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