GESCHÄFT MIT DER ANGST - | ||||||||||
"Ab Januar wird gespart. An der Gesundheit von Millionen Herz-Kreislauf-Patienten. Ab 1. Januar wird 1,5 Millionen Kassenpatienten der
nachweislich beste Cholesterinsenker nicht mehr voll erstattet... SORTIS senkt Cholesterinwerte am stärksten, reduziert das Risiko am schnellsten und ist auch
in höchster Dosierung gut verträglich".1 Mit solchen Schlagzeilen schürt die Firma Pfizer seit Wochen Ängste beim Verbraucher.
Inzwischen hat das zuständige Regierungspräsidium Karlsruhe ein Bußgeldverfahren gegen die Firma eingeleitet, da die Anzeigen in der Tagespresse
gegen das Heilmittelwerbegesetz verstoßen. In der Laienpresse darf nicht für verschreibungspflichtige Medikamente geworben werden, insbesondere nicht
mit Formulierungen, die beim Verbraucher Ängste auslösen können.2 Pfizer verstößt jedoch mit der jüngsten Anzeigenserie
"Können Kassenpatienten wirklich auf SORTIS verzichten?"3 weiterhin gegen das Heilmittelwerbegesetz.
Willige Schützenhilfe erhält Pfizer von der "Ärzte Zeitung, in der gegen die Entscheidung des Bundesausschusses und eine Stellungnahme des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) polemisiert wird.4 Die Anpreisung von Atorvastatin als "besten Cholesterin-Senker" erweist sich jedoch bei nüchterner Betrachtung der Datenlage als Wunschdenken des Herstellers: Für die wichtigste Indikation, die Sekundärprävention kardiovaskulärer Komplikationen bei Patienten mit bekannter chronischer atherosklerotischer Erkrankung, liegen lediglich zwei methodisch fragwürdige Studien vor (ALLIANCE und GREACE)**,5,6 in denen Atorvastatin im Rahmen der Betreuung an einem spezialisierten Zentrum mit einer "üblichen" Behandlung in der Hausarztpraxis verglichen wird. Valide Aussagen zum Nutzen von Atorvastatin lassen sich aus diesen Studien allein nicht ableiten, da sich die Behandlung in den Vergleichsgruppen auch abgesehen von der geprüften Intervention deutlich unterscheidet. Die Datenlage bei der Sekundärprävention ist für 20 mg bis 40 mg Simvastatin (4-S**, HPS**)7,8 und 40 mg Pravastatin (CARE** und LIPID**)9,10 nach wie vor am besten. Beide Statine senken bei diesen Patienten die Rate schwerer koronarer Ereignisse und wirken lebensverlängernd (a-t 2004; 35: 56-60).
Einzige Ausnahme stellt unseres Erachtens die zeitlich befristete Therapie des akuten Koronarsyndroms mit täglich 80 mg Atorvastatin dar. Während hier die frühzeitige, hochdosierte Einnahme von Simvastatin gegenüber einer späteren, niedrig dosierten keinen Vorteil bringt (a-t 2004; 35: 94), liegen mit MIRACL*****17 (gegen Plazebo) und PROVE-IT*****18 (gegen 40 mg Pravastatin) in dieser Indikation für hochdosiertes Atorvastatin positive Daten vor. In PROVE-IT profitieren jedoch nur unter 65-jährige Patienten ohne ST-Hebungsinfarkt. Eine Senkung der Mortalität wird in keiner der beiden Studien nachgewiesen. Die gerne als Beleg für die Überlegenheit von Atorvastatin herangezogene PROVE-IT-Studie lässt zudem die Frage unbeantwortet, ob die hohe Dosis oder spezifische Stoffeigenschaften für den zusätzlichen Nutzen verantwortlich sind (a-t 2004; 35: 41-2).
Eine überlegene Wirksamkeit von Atorvastatin (SORTIS) im Vergleich zu anderen Statinen ist weder für die Primär- noch für die Sekundärprävention kardiovaskulärer Erkrankungen nachgewiesen. Für die Mehrzahl der Patienten fehlt somit der Beleg für einen Vorteil von Atorvastatin. In der wichtigsten Indikation für ein Statin, der Langzeitsekundärprophylaxe chronischer atherosklerotischer Erkrankungen, ist nicht einmal die Gleichwertigkeit mit den etablierten Statinen Simvastatin (ZOCOR u.a.) und Pravastatin (PRAVASIN u.a.) belegt. Wir erachten die Anzeigenkampagne des Herstellers als Panikmache und gezielte Irreführung der Öffentlichkeit, mit der Pfizer versucht, den Umsatz des Produktes (515 Millionen (/Jahr über öffentliche Apotheken) ungeschmälert zu erhalten. | ||||||||||
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