MOSES-STUDIE MIT EPROSARTAN | ||
Die Firma Trommsdorff wirbt derzeit für ihren Angiotensin (AT)-II-Antagonisten Eprosartan (EMESTAR, Solvay: TEVETEN) mit einem
Pressebericht über die MOSES*-Studie.1 Nach dieser in Deutschland und Österreich durchgeführten offenen randomisierten Studie, die
bereits im Juni 2005 vollständig veröffentlicht wurde,2 soll Eprosartan Hochdruckpatienten mit ischämischem Schlaganfall, transitorischer
ischämischer Attacke (TIA) oder zerebraler Blutung in der Vorgeschichte besser vor zerebro- und kardiovaskulären Komplikationen oder Tod
schützen als der Kalziumantagonist Nitrendipin (BAYOTENSIN u.a.). An der von den Eprosartan-Anbietern Solvay und Aventis finanzierten Studie nehmen
1.352 Patienten teil. Basis der Hochdrucktherapie sind in der Interventionsgruppe täglich 600 mg Eprosartan, in der Kontrollgruppe täglich 10 mg
Nitrendipin. Bei unzureichender Blutdrucksenkung kann die Dosis erhöht und/oder erstens ein Diuretikum, zweitens ein Betablocker und drittens ein
Alphablocker oder ein zentral wirksames Antihypertensivum ergänzt werden. Primärer Endpunkt ist eine Kombination aus jeglichen kardio- und
zerebrovaskulären Komplikationen einschließlich Myokardinfarkt oder Herzinsuffizienz, Schlaganfall, TIA, PRIND*, zerebraler Blutung oder Tod.
Gezählt wird jedes Ereignis, auch mehrere beim selben Patienten. In der Eprosartangruppe beträgt die Rate in zweieinhalb Jahren 13,3, unter Nitrendipin
16,7 pro 100 Patientenjahre (p = 0,014).2
Tabelle: AT-II-Antagonisten bei Hypertonie, randomisierte kontrollierte Langzeitstudien mit klinischen Endpunktena Unüblich und umstritten ist die Auswertung aller einschließlich der rezidivierenden Ereignisse.6 Während die jeweils ersten Komplikationen bei verschiedenen Patienten voneinander unabhängige Ereignisse darstellen, trifft dies für die weiteren bei demselben Patienten in der Regel nicht zu. So erhöht beispielsweise ein Herzinfarkt sowohl das Herzinsuffizienz- als auch das Sterberisiko. Patienten mit multiplen Komplikationen können daher das Ergebnis in eine Richtung verzerren. Welche Erkrankungswahrscheinlichkeit ein Hochdruckpatient unter der einen oder anderen Therapie hat, lässt sich mit dem Konzept zudem nicht beantworten. Wenn überhaupt sinnvolle Schlüsse aus einer solchen Auswertung möglich sein sollten, was skeptisch gesehen wird,6 wären zumindest besondere statistische Verfahren erforderlich,7 die aber hier nicht angewendet wurden. Die Minderung der Ereignisrate beruht vorwiegend auf selteneren transitorischen ischämischen Attacken und Fällen von Herzinsuffizienz.2 Eine TIA lässt sich diagnostisch wesentlich weniger präzise erfassen als ein Schlaganfall. Dies ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass eine offene Untersuchung wie die MOSES-Studie anfällig ist für Verzerrungen durch ungleiche Beobachtung. Ein erhöhtes Herzinsuffizienzrisiko unter Kalziumantagonisten im Vergleich mit anderen Antihypertensiva oder sogar Plazebo ist bekannt.8,9 Offen bleibt, inwieweit Knöchelödeme, die unter Kalziumantagonisten häufig vorkommen, irrtümlich als Zeichen der Rechtsherzinsuffizienz gewertet wurden. Wie der Endpunkt Herzinsuffizienz definiert war, wird nicht mitgeteilt, bei einer offenen Studie ebenfalls ein gravierender Mangel. Auffällig ist, dass sich die angeblichen Vorteile nicht auf die Mortalität auswirken: Todesfälle sind unter Eprosartan mit 57 (8,4%) versus 52 (7,7%) numerisch häufiger.2 Zu Sartanen gibt es bei Hypertonie bislang überhaupt keine Langzeitinterventionsstudien mit klinischen Endpunkten, in denen sie mit den Erstwahlmitteln, also Chlortalidon (HYGROTON) oder Thiaziddiuretika in niedriger Dosierung, verglichen werden. Es liegen nur Vergleiche mit suboptimaler Behandlung vor, teilweise sogar mit Plazebo (vgl. Tabelle). In der LIFE**-Studie wirkt sich Losartan (LORZAAR) bei besserer Ausschöpfung der therapeutischen Optionen und entsprechend besserer Blutdrucksenkung geringfügig besser auf kardiovaskuläre Komplikationen, vor allem die Schlaganfallrate, aus als der Betablocker Atenolol (TENORMIN u.a.; a-t 2002; 33: 35- 6).10,11 Nach Berechnungen der US-amerikanischen Arzneimittelbehörde FDA verschwindet der signifikante Vorteil von Losartan, wenn nach der Blutdruckeinstellung korrigiert wird.11 Valsartan (DIOVAN, PROVAS) senkt den Blutdruck in der VALUE**-Studie trotz besserer Ausschöpfung der Kombinationsmöglichkeiten schlechter als Amlodipin (NORVASC u.a.). Herzinfarkte sind signifikant, Schlaganfälle tendenziell häufiger unter Valsartan (a-t 2004; 35: 70-1).12 Candesartan (ATACAND, BLOPRESS) schneidet in der SCOPE**-Studie trotz blutdrucksenkender Effekte hinsichtlich kardiovaskulärer Komplikationen nicht besser ab als Plazebo.13 Auch Irbesartan (APROVEL, KARVEA) und Losartan haben in zwei - auf dieses Zielkriterium allerdings nicht angelegten - plazebokontrollierten Endpunktstudien (IDNT** und RENAAL**) keinen Einfluss auf die kardiovaskuläre Prognose und die Mortalität von Diabetespatienten mit Bluthochdruck und Niereninsuffizienz (a-t 2001; 32: 97- 8).9,14 ** IDNT = Irbesartan Diabetic Nephropathy Trial;
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