Die Preispolitik der Glaxo GmbH erscheint uns auf rücksichtslose Ausbeutung des Marktes ausgerichtet, wie schon 1991 ein aufmerksamer Leser
berichtete (vgl. a-t 7 [1991], 63). Bei der Einführung des H2-Rezeptorenblokkers Ranitidin (ZANTIC) forderte die
Firma einen deutlich höheren Therapiepreis, als er für Cimetidin (TAGAMET u.a.) galt, obwohl beide Ulkusmittel therapeutisch gleichwertig sind.
Außerdem machte Glaxo für Ranitidin falsche und irreführende Angaben zu therapeutischen Eigenschaften und Vorteilen, die auf Anordnung der
US-amerikanischen Gesundheitsbehörde in einem "Dear Doctor Letter" widerrufen werden mußten (vgl. a-t 3 [1993], 28).1
Die Einführung des Serotonin3-Rezeptor-Antagonisten Ondansetron (ZOFRAN) bedeutet einen Fortschritt in der Behandlung des Zytostatika-induzierten
Erbrechens (vgl. a-t 3 [1991], 26). Die Innovation kann jedoch in Krankenhäusern die Kosten für die
antiemetische Therapie bis zum 20fachen steigern. Dies bedeutet in einem Klinikverbund mit ungefähr 4.000 Betten eine Steigerung der Kosten um rund
400.000 DM jährlich. Durch Begrenzung der Indikation auf die Behandlung mit den hochemetogenen Zytostatika Dacarbazin (D.T.I.C. u.a.) und Cisplatin
(PLATINEX u.a.) und nur auf das akute Erbrechen am Behandlungstag kann kostensparend gegengehalten werden.
Mit Einführung von Sumatriptan (IMIGRAN) zur Therapie des akuten Migräneanfalls bewirkt Glaxo erneut einen exorbitanten Kostenschub. Die
Standardbehandlung des akuten Migräneanfalls mit Metoclopramid (PASPERTIN u.a.) und Analgetika oder Ergotamin kostet maximal 6 DM pro Tag. Für
die Anfallskupierung mit Sumatriptan-Tabletten müssen pro Tag 30 bis 90 DM aufgewendet werden, für Subkutaninjektionen sogar bis 160 DM (vgl. a-t 2 [1993], 22). Nimmt man an, daß 5% bis 10% der Bevölkerung unter Migräne leiden und daß bei
5% dieser Personen mit drei Migräneanfällen pro Monat Sumatriptan verwendet wird, entstehen Behandlungskosten in der Größenordnung von
1 Milliarde DM. Ein einziges Produkt ist also theoretisch in der Lage, die Sparbemühungen der Ärzteschaft im Rahmen des GSG zu
konterkarieren.
Die Preispolitik von Glaxo führte in Frankreich zu Gegenmaßnahmen des Gesundheitsministeriums. Die Gesundheitsbehörde erstattet für
Sumatriptan unabhängig von der Verordnungshäufigkeit nur Jahreskosten bis 200 Millionen DM.2 Ähnliche Instrumente gegen die Preispolitik eines
pharmazeutischen Unternehmens stehen deutschen Behörden nicht zur Verfügung. Ärzte und Patienten können sich aber gegen diese
finanzielle Ausbeutung wehren, wenn sie auf Präparate dieses Herstellers überall dort verzichten, wo Alternativen zur Verfügung stehen. So hat die
Arzneimittelkommission eines norddeutschen Klinikums, dessen Apotheke mehr als 4.000 Betten versorgt, beschlossen, umsatzstarke Präparate von Glaxo aus
ihrer Arzneimittelliste zu entfernen und durch Alternativen zu ersetzen, etwa ZANTIC durch Famotidin (PEPDUL), SANASTHMAX und SANASTHMYL durch
Budesonid (PULMICORT) oder Flunisolid (INHACORT) sowie SULTANOL und VOLMAC durch andere Betamimetika. Davon ist ein Glaxo-Umsatz von etwa 230.000
DM betroffen.
Hersteller, die ohne soziale Rücksichtnahme Maximalpreise festsetzen, sind vielleicht dann lernfähig, wenn dieses Verhalten den Umsatz bremst. Deshalb
erscheint uns das Beispiel des norddeutschen Krankenhauses nachahmenswert.
1 Lancet 341 (1993), 748
2 Lancet 340 (1992), 903
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