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Korrespondenz

EPLERENON (INSPRA): RESERVEMITTEL BEI CHRONISCHER HERZINSUFFIZIENZ

Ihre Stellungnahme zum Aldosteronantagonisten Eplerenon (INSPRA) datiert von 2004. Gibt es mittlerweile neue Erkenntnisse zu diesem Pharmakon?

Dr. med. H. BRAUCKMANN (Facharzt für Allgemeinmedizin)
D-45721 Haltern am See
Interessenkonflikt: keiner

Der neuere Aldosteronantagonist Eplerenon (INSPRA) war zunächst aufgrund der EPHESUS*-Studie1 nur bei linksventrikulärer Dysfunktion (Auswurffraktion [LVEF] höchstens 40%) und klinischen Zeichen einer Herzinsuffizienz nach akutem Herzinfarkt zugelassen (a-t 2004; 35: 136-7). Nutzenbelege für die schwere chronische Herzinsuffizienz (NYHA III bis IV, LVEF höchstens 35%) liegen dagegen seit 1999 mit der RALES*-Studie für das ältere Spironolakton (ALDACTONE, Generika) vor. Spironolakton senkt die Mortalität in dieser Studie relativ um 30% (95% Konfidenzintervall [CI] 18%-40%; a-t 1999; Nr. 9: 95).2 Inzwischen ist Eplerenon aufgrund der EMPHASIS-HF*-Studie3 als Zusatz zur optimalen Standardtherapie auch für die chronische Herzinsuffizienz zugelassen, wenn die Auswurffraktion höchstens 30% beträgt, die körperliche Belastbarkeit aber nur leicht eingeschränkt ist (NYHA II).4

In die EMPHASIS-HF-Studie werden 2.737 mindestens 55 Jahre alte Patienten aufgenommen, bei denen eine chronische Herzinsuffizienz mit deutlicher linksventrikulärer Dysfunktion besteht (LVEF höchstens 30% oder höchstens 35% bei gleichzeitiger QRS-Dauer von mehr als 130 ms), bei denen aber zum Zeitpunkt der Studienaufnahme eine Symptomatik der NYHA-Klasse II vorliegt. Die Patienten müssen zudem innerhalb der letzten sechs Monate aus kardiovaskulären Gründen stationär aufgenommen worden sein oder erhöhte Spiegel der natriuretischen Peptide BNP oder NT-Pro-BNP aufweisen. Zu den Ausschlussgründen gehören NYHA-Klasse III und IV, ein Kaliumspiegel über 5 mmol/l sowie eine schwere Niereninsuffizienz mit glomerulärer Filtrationsrate unter 30 ml/min.3

Die Patienten sind im Mittel 69 Jahre alt. Die mittlere linksventrikuläre Auswurffraktion liegt bei 26%. Bei knapp 70% besteht eine koronare Herzkrankheit, 50% haben einen Herzinfarkt in der Vorgeschichte, 31% einen Diabetes mellitus. Nur 4% werden auf der Basis eines verbreiterten QRS-Komplexes und Auswurffraktion über 30% aufgenommen. Zusätzlich zur Standardtherapie vor allem mit ACE-Hemmern (78%) bzw. AT-II-Blockern (19%) und Betablockern (87%) nehmen sie nach randomisierter Zuteilung Eplerenon (Zieldosis entsprechend der Nierenfunktion 25 mg oder 50 mg/ Tag) oder Plazebo ein. Wie die RALES-Studie wird auch die EMPHASIS-HF-Studie nach 21 Monaten vorzeitig gestoppt. Eplerenon mindert den primären Endpunkt, eine Kombination aus kardiovaskulär bedingtem Tod oder Krankenhausaufnahme wegen Herzinsuffizienz, signifikant von 25,9% unter Plazebo auf 18,3% (Hazard Ratio [HR] 0,63; 95% CI 0,54-0,74; Number Needed to Treat [NNT] = 13/21 Monate). Auch die Einzelkomponenten und die Gesamtsterblichkeit (12,5% versus 15,5%; HR 0,76; 95% CI 0,62-0,93; NNT = 33) werden signifikant reduziert. Wie zu erwarten, nimmt Hyperkaliämie unter Verum deutlich zu (12% vs. 7%).3

Ein direkter Vergleich mit dem älteren und fast zehnmal preisgünstigeren Spironolakton fehlt. Im indirekten Vergleich wirkt Spironolakton bei chronischer Herzinsuffizienz allerdings ähnlich wie Eplerenon. In internationalen Leitlinien oder Empfehlungen zur chronischen Herzinsuffizienz wie die der europäischen kardiologischen Gesellschaft werden die beiden Aldosteronantagonisten nicht mehr unterschieden5,6 oder ein Austausch aus Kosten- oder Unverträglichkeitsgründen als akzeptabel erachtet.7,8 Ein niedrig dosierter Aldosteronantagonist ist nach den neuen Daten als Zusatz zur Standardtherapie vor allem mit ACE-Hemmern und Betablockern nicht nur bei schwerer systolischer Herzinsuffizienz zu empfehlen, sondern - sofern die linksventrikuläre Auswurffraktion höchstens 30% beträgt - auch bei symptomatischer Erkrankung der NYHA-Klasse II, sofern keine Gegenanzeigen wie schwere Niereninsuffizienz oder Hyperkaliämie vorliegen. Gemäß den Einschlusskriterien der EMPHASIS-HF-Studie sollten bei Patienten mit NYHA II möglichst weitere Risikofaktoren wie kardiovaskulär bedingte Krankenhausaufnahme gegeben sein.

Wir erachten Spironolakton als Mittel der Wahl. Eine spezifische Zulassung auf der Basis der RALES-Studie hat Spironolakton in Deutschland im Unterschied etwa zu den USA nach wie vor nicht. Eine Anwendung bei chronischer Herzinsuffizienz scheint uns aber durch die bestehende Zulassung (Ödeme bei Erkrankungen, die mit sekundärem Hyperaldosteronismus einhergehen) weitgehend gedeckt und stellt im Übrigen aufgrund der Empfehlungen in nationalen und internationalen Leitlinien5-7,9 einen auch haftungsrechtlich bedeutsamen bestimmungsgemäßen Gebrauch dar (vgl. a-t 2007; 38: 94-5).

Spironolakton muss in dieser Indikation allerdings deutlich niedriger dosiert werden als in der Fachinformation empfohlen. In RALES werden initial 25 mg pro Tag eingenommen. Die Dosis kann je nach Ansprechen und Verträglichkeit auf 50 mg pro Tag verdoppelt, bei Unverträglichkeit auch auf 25 mg jeden zweiten Tag halbiert werden. Diese Dosisempfehlungen finden sich auch in der US-amerikanischen Produktinformation.10 Wichtigste, etwa gleich häufige Nebenwirkung von Spironolakton und Eplerenon ist die Hyperkaliämie. Auf Kontraindikationen ist streng zu achten, und Elektrolyte und Nierenwerte müssen zwingend regelmäßig überwacht werden (a-t 2004; 35: 142).

Eplerenon ist unseres Erachtens Reservemittel bei hormonellen Störwirkungen des älteren Aldosteronantagonisten, vor allem für Männer, bei denen sich unter Spironolakton eine Gynäkomastie entwickelt, die nach Absetzen im Allgemeinen reversibel ist und unter Spironolakton (9% in RALES2) deutlich häufiger vorkommt als unter Eplerenon (< 1% in Langzeitstudien1,3).11 Anders als Spironolakton wird Eplerenon über CYP 3A4 verstoffwechselt. Potenzielle Wechselwirkungen sind zu beachten. Gleichzeitige Anwendung starker CYP-3A4-Hemmstoffe wie Itraconazol (SEMPERA, Generika) ist kontraindiziert, bei Komedikation mit schwachen bis mäßigen Inhibitoren ist die Maximaldosis 25 mg,4 und es wird eine verstärkte Elektrolyt- und Kreatininkontrolle empfohlen.7

∎  Der Aldosteronantagonist Eplerenon (INSPRA) ist auf der Basis der EMPHASIS-HF-Studie jetzt auch bei chronischer Herzinsuffizienz zugelassen, wenn die linksventrikuläre Auswurffraktion höchstens 30% beträgt, die körperliche Belastbarkeit aber nur leicht eingeschränkt ist (NYHA II).

∎  Eplerenon mindert in der EMPHASIS-HF-Studie bei diesen Patienten als Zusatz zur Standardtherapie Morbidität und Mortalität ähnlich wie das ältere Spironolakton (ALDACTONE, Generika) in der RALES-Studie bei schwerer chronischer Herzinsuffizienz (NYHA III und IV).

∎  In internationalen Leitlinien werden die beiden Aldosteronantagonisten nicht mehr unterschieden oder ein Austausch zum Beispiel aus Kostengründen als akzeptabel erachtet.

∎  Wir erachten daher das deutlich kostengünstigere Spironolakton als Mittel der Wahl zusätzlich zur Standardtherapie nicht nur bei chronischer Herzinsuffizienz der NYHA-Klasse III und IV mit linksventrikulärer Auswurffraktion von höchstens 35%, sondern auch der NYHA-Klasse II, sofern bei letzteren Patienten die Auswurffraktion höchstens 30% beträgt und möglichst weitere Risikofaktoren wie kardiovaskulär bedingte Krankenhausaufnahme vorliegen.

∎  Eplerenon ist Reservemittel vor allem für Männer mit chronischer Herzinsuffizienz, die unter Spironolakton eine Gynäkomastie entwickeln.

  (R =randomisierte Studie)
R  1 PITT, B. et al.: N. Engl. J. Med. 2003; 348: 1309-21
R  2 PITT, B. et al.: N. Engl. J. Med. 1999; 341: 709-17
R  3 ZANNAD, F. et al.: N. Engl. J. Med. 2011; 364: 11-21
4 Pfizer: Fachinformation INSPRA, Stand Juli 2013
5 Mc MURRAY, J.J.V. et al.: Eur. Heart J. 2012; 33: 1787-847
6 Institute for Clinical Systems Improvement: Health Care Guideline Heart Failure in Adults, Stand Juli 2013
https://www.icsi.org/_asset/50qb52/HeartFailure.pdf
7 BUTLER, J. et al.: J. Cardiac Fail. 2012; 18: 265-81
8 ZANNAD, F. et al.: Eur. Heart J. 2012; 33: 2782-95
9 Bundesärztekammer et al. (Hrsg.): Nationale Versorgungsleitlinie Chronische Herzinsuffizienz; Stand Aug. 2013;
http://www.versorgungsleitlinien.de/themen/herzinsuffizienz/pdf/nvl-hi-lang-7.pdf
10 Pfizer: US-am. Produktinformation ALDACTONE, Stand Juni 2013;
http://www.accessdata.fda.gov/drugsatfda_docs/label/2013/012151s071lbl.pdf
11 HAYNES, B.A., MOOKADAM, F.: Mayo Clin. Proc. 2009; 84: 672


* EMPHASIS-HF = Eplerenone in Mild Patients Hospitalisation and Survival Study in Heart Failure
EPHESUS = Eplerenone Post-Acute Myocardial Infarction Heart failure Efficacy and Survival Study
RALES = Randomized Aldactone Evaluation Study

© 2013 arznei-telegramm, publiziert am 11. Oktober 2013

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